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CHRISTOLOGIE

Christologie ist Teilbereich der Theologie und befasst sich mit dem Wirken und der göttlichen Wesensart Jesu Christi.

Sie machte kurz nach dem Tode der Apostel im ersten Jahrhundert ihren Anfang als  widersprüchliche Grundsätze über das eigentliche Verständnis Jesu Christi auftauchten.  Christologie bewirkte beides: sie stemmte sich gegen Häresien und wurde Mittel zur Entwickelung einer systematischen Theologie, die orthodoxe Christen für annehmbar hielten.  Letzten Endes stellte man diese Lehren in den Konzilien zur Debatte, wonach sie als Kredos weitereintwickelt wurden, wie z. B. in Nizäa (325 n.Chr.), Constantinopel (381 n. Chr.), und Chalcedon (451 n. Chr).  Diese Glaubensbekenntnisse bestanden darauf, dass die Gesamtheit (Communio) von Christus' göttlichem und menschlichem Wesen – entgegen der Auffassung eines teilweise göttlichen, teils menschlichen Wesens – vollständig sein müsse.  Somit beschlossen diese Konzilien, dass Christus in jeder Hinsicht Gott- und als solcher wesensgleich in Gott besteht und Gott in ihm (homoousios).

So machten sich diverse Christologien in der früh-christlichen Kirche Konkurrenz.  Doketisten lehrten das Scheinleiden Christi am Kreuz, da er ihres Erachtens nach keinen wirklichen, sondern nur einen anscheinenden Körper hatte. Modalisten gaben bekannt, dass es nur einen Gott dreier Arten gäbe; Arianismums, dass die Gottheit in drei Absichten vereinte Wesen sind. Nestorianismus beharrte auf einen zweigeteilten Willen in einer dyadischen (zweiteiligen) Einheit, während der Apollonarianismus unterbreitete, dass der Körper Jesu menschlich- aber von einer göttlichen Seele bewohnt sei.

Mit der Zeit drängten andere auf einen Christus der nichts weiter, wie das menschliche Ideal der Menschheit sei, weil Jesus sich oft selber als Menschensohn bezeichnet- und auf seine Göttlichkeit nur selten hingewiesen habe – wie Albert Schweitzer es auch in seiner berühmten Geschichte der Leben-Jesu Forschung (1911) zu verstehen geben wollte.

Einige lutherische Theologen der Neuzeit sind der Auffassung, dass Jesus nicht gleichzeitig Mensch auf Erden und Gott im Himmel gewesen sei. Ihrer Meinung nach entzog sich Christus in der PRÄEXISTENZ seines göttlichen Standes – nicht aber seiner moralischen Eigenschaften –  und wurde fleischlicher Mensch. Diesen Vorgang nennt man „kenotische" Theorie.

John Hick, englischer Philosoph und Theologe meint, dass das Christentum sich der frühsten Christologie, der „Gnaden" Theorie, wieder zuwenden soll, denn sie lehrt, dass Jesus in ein Wesen transformiert wurde, welches die göttlichen Eigenschaften Gottes teilt und mit des Vaters Gnade durchdrungen ist.

Obwohl die Bestimmung „Christologie" unter Heiligen der Letzten Tage wenig erwähnt wird, lässt sie sich folgendermaßen erklären: Jesus Christus verließ seine vorirdische Wohnstatt und sein dortiges Gottsein, um auf Erden den Sündentod zu erleiden. (Siehe Jesus Christus; Erstgeborener Geist; Herablassung Gottes).  Er war jener Jehova, der herab kam, um einen physischen Körper als Einziggezeugter des Vaters im Fleische auf sich nehmen zu können (Siehe Jesus Christus: Einziggeeugter im Fleische).  Während seines Erdenaufenthaltes verblieb ihm seine Göttlichkeit, aber er empfing, wie andere Kinder Gottes auch, „Gnade um Gnade" (LuB 93:12; Siehe Jesus Christus, geistlicher Dienst).  Das Buch Mormon und Lehre und Bündnisse sprechen klar und deutlich vom Gott- und Menschsein Jesu Christi (Mosia 15:2-3; Alma 6:8; 11:38; 13:16; 34:2; 3. Ne. 11:7; 28:10; Lub 93; Siehe Jesus Christus; Vaterschaft und Sohn Gottes).  Wie Jesus Christus, lebt der sterbliche Mensch in einem Zustand der Demütigung, aber durch die Mittlerrolle Christi ist es ihm ermöglicht ewigen Fortschritt bis zur Erhöhung machen zu können (Siehe Vergötterung; Gottheit).  Somit besteht keine endgültige Ungleichheit zwischen göttlicher und menschlicher Wesensart.  Joseph Smith behauptete, dass der Mensch von derselben Art wie Gott ist, dass er als Abbild Gottes erschaffen wurde (Theomorphismus), und als ewiges Wesen über grenzenlose Kapazitäten verfügen wird (LPJS, 345-346).  Ein früher Leiter der HLT erklärte: „Wie der Mensch jetzt ist, war Gott einst, wie Gott jetzt ist, kann der Mensch einst sein" (Snow, 46).  Heilige der Letzten Tage sprechen vom Menschen als „embrionaler" Gott und von Jesus Christus als älterer Bruder der Menschheit.  Ein beliebtes Lied unter HLT Kindern heißt „Ich bin ein Kind des Herrn."

Die Lehren der Heiligen der Letzten Tage würdigen Christus und verordnen der Menschheit Anwendungen, die über die traditionelle Christologie hinaus reichenEs gehört zu ihren Gundsätzen, dass alle Kinder Gottes das Gottespotenzial in sich tragen und so werden können, wie die Gottheit ist; denn in ihrer Menschheit besteht etwas Göttliches, was fortschreitend und wachsend ist, gemäß ihres Glaubens, ihrer Intelligenz und der Liebe in ihrer Seele.  Und so, wie die Eigenschaft der Vollkommenheit, ist Göttlichkeit kein unnachgiebiges Absolut, sondern ein dynamisches Vorangehen (Siehe Ewiger Fortschritt).   

BIBLIOGRAPHIE

Brown, Raymond E. "Christology." In The New Jerome Biblical Commentary, ed. R. Brown, J. Fitzmyer, and R. Murphy. Englewood Cliffs, N.J., 1990.
Hick, John. "An Inspiration Christology for a Religiously Plural World." In Encountering Jesus: A Debate on Christology, ed. Stephen T. Davis, pp. 5-22. Atlanta, 1988.
O'Collins, Gerald. "Jesus." ER 8:19-23.

GARY P. GILLUM