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BÜRGERRECHTE

Bürgerrechte sind legale Gewährleistungen, die Personen davor schützen sollen, willkürlich oder diskriminierend behandelt zu werden. Übliche Beispiele hierfür sind solche, welche die Redefreiheit, die Glaubensfreiheit, die Freiheit sich zu versammeln, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, das Wahlrecht, das Recht auf gleichen Rechtsschutz und Sicherheitsmaßnahmen für Personen, die eines Vergehens beschuldigt sind, schützen. Dazu gehören beispielsweise das Recht gegen Selbstbeschuldigung, das Recht seinem Ankläger gegenüberzutreten, das Recht auf ein Geschworenengericht, das Recht Rat zu erteilen und das Recht auf ein zügiges Verfahren. Diese und andere Rechte werden in der Verfassung der Vereinigten Staaten und in den Verfassungen vieler anderer Länder proklamiert (siehe Verfassungsgesetz). Bürgerrechte lassen sich ebenso in Gesetzesbestimmungen wie in Verfassungen finden und bieten zum Beispiel absolute Sicherheit vor öffentlicher und privater Diskriminierung aufgrund solcher Merkmale wie Menschengeschlecht, Geschlecht, Alter und Religion. Streitfragen über Bürgerrechte kommen auf, wenn die Meinung von Menschen bezüglich der Rechte, welche das Gesetz gewährleistet oder gewährleisten muss, nicht übereinstimmen.

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und ihre Mitglieder haben ein sichtliches Interesse daran, ihre eigenen Rechte zu sichern. Darüberhinaus formen einige Komponenten von Lehre und Glaube – manchmal miteinander im Wettkampf – die Ansichten von Mitgliedern und Leitern in Bezug auf Bürgerrechte im Allgemeinen. Das Prinzip der Entscheidungsfreiheit scheint mit einem legalen System, welches einen großen Spielraum für individuelle Wahl und Entscheidung gewährleistet, zumeist vereinbar zu sein. Individuelle und institutionelle Interessen an der Freiheit von Einschränkungen der Regierung bekräftigen die Handlungsmacht im Hinblick auf religiöse Freiheiten. In den Vereinigten Staaten von Amerika wird die Verpflichtung gegenüber individuellen Rechten durch Loyalität gegenüber persönlichen Freiheiten weiter bekräftigt, welche die U.S. Verfassung garantiert. Heilige der Letzten Tage betrachten die U.S. Verfassung als ein inspiriertes Dokument. Andererseits lehrt die Kirche ihre Mitglieder, ordnungsgemäß festgelegten Regierungsautoritäten gegenüber gehorsam zu sein (LuB 134:5; 98:6; A von F 12). Dies könnte zu Annehmlichkeiten und Unterordnung führen, solange die innersten religiösen Interessen nicht gefährdet werden. Außerdem prädisponieren Kirchenlehren über moralische Fragen manchmal Mitglieder und auch die institutionelle Kirche so, dass sie gegenüber politischen Angelegenheiten (beispielsweise Abtreibung) Position beziehen, die den Rechten, auf die andere Anspruch erheben, zuwiderlaufen. Daher ist die Haltung der Kirche und ihrer Mitglieder gegenüber momentanen Angelegenheiten bezüglich der Bürgerrechte komplex.

Eine Glaubenserklärung der Kirche bezüglich der Regierung, die im Jahre 1835 angenommen wurde, wählte „die freie Ausübung des Gewissens, das Recht auf Eigentum und freie Verfügung darüber und den Schutz des Lebens“ als Rechte aus, die für den Frieden der Gesellschaft notwendig sind (LuB 134:2; siehe Politik: Politische Lehren). Diese Erklärung aus dem Jahre 1835 betont wiederholt die Bedeutung religiöser Freiheit. Die Kirche und ihre Mitglieder fanden es gelegentlich notwendig, legale Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte auf freie Ausübung zu verteidigen. Beispielsweise verteidigte die Kirche in Körperschaft des Präsidierenden Bischofs der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage et al. V. Amos et al. (483 U.S. 327 [1987]) erfolgreich ihr Recht darauf, einen religiösen Einstellungstest in gewissen Einrichtungen im Besitz der Kirche durchzuführen. Als Institution hat die Kirche bisher legale Maßnahmen, wo dies möglich war, gemieden. Sie ist allerdings willens gewesen, ihre Rechte, wenn nötig, vor Gericht zu verteidigen.

Abgesehen von ihren speziellen legalen Interessen ist die Kirche einer breiten Auswahl allgemeiner Bürgerrechte gegenüber öffentlich verpflichtet. Eine oft zitierte Stellungnahme von Hugh B. Brown, einem ehemaligen Mitglied der Ersten Präsidentschaft der Kirche, fordert „volle bürgerliche Gleichheit für alle Kinder Gottes“ und besagt, dass „es ein moralisches Übel [ist]...irgendeinem menschlichen Wesen das Recht auf gewinnbringende Beschäftigung, auf vollkommene Ausbildungsmöglichkeiten und auf jedes Privileg des Bürgerrechts zu verweigern, ebenso wie es ein moralisches Übel ist, ihm das Recht zu verweigern, Gott zu verehren“ (S. 1058).

In der politischen Arena, wo konkurrierende Ansprüche auf Bürgerrechte oft debattiert werden, nimmt die Kirche indirekt teil, indem sie Mitglieder auffordert, zu  wählen und eine Gesellschaft passend zu den Christlichen Lehren und einer rechtschaffenen Lebensweise zu begünstigen. Gelegentlich, wenn öffentliche Angelegenheiten wichtige Anliegen der Lehre und der Moral mit sich bringen, veröffentlicht die Kirche empfohlene Positionen gegenüber Streitfragen und regt Mitglieder und andere dazu an, ihrem Rat zu folgen. So hat die Kirche auf Einschränkungen beim Verkauf von alkoholischen Getränken gedrängt, die Legalisierung von Glücksspielen und Lotterien bekämpft, die Gesetzgebung für das Recht auf Arbeit befürwortet (keine Unternehmen mit außschließlich Gewerkschaftangehörigen), die Niederlage des Gesetzes der Gleichberechtigung befürwortet und sich gegen Pornographie, Abtreibung und Kindesmissbrauch ausgesprochen. 

Innerhalb der Kirche spielen die Rechte des Einzelnen im Vergleich zur weltlichen Gesellschaft eine gedämpfte Rolle. Liebe und Pflicht werden weitaus mehr betont als der individuelle Rechtsanspruch. Ferner ist die Kirche eine freiwillige Organisation, deren Maßnahmen bis zu den Rechten der Mitgliedschaft und Teilnahme innerhalb der Gruppe reichen. Daher sind weniger Schutzmaßnahmen notwendig. Demnach bieten Disziplinarverfahren der Kirche nicht den vollständigen Satz von Absicherung bei einem Verfahren wie es der Angeklagte in einem weltlichen Gerichtsverfahren bekommen würde. Obwohl Ankündigungen eines fairen Gerichtsverfahrens und Berufungsrechte gegeben sind, wird die gerichtliche Zustellung nicht streng durchgeführt. Außerdem gibt es kein Recht dazu, seinen Ankläger zu konfrontieren, kein Geschworenengericht und kein Recht sich zu beraten. In der Tat steht eine Beichte der Sünden des bußfertigen Sünders im Widerspruch zum Selbstbestimmungsrecht (siehe Disziplinäre Verfahren). Redefreiheit ist eine weitere Darstellung des Kontrasts zur weltlichen Gesellschaft. Mitgliedern steht es frei, zu sagen oder zu veröffentlichen, was sie wollen. Dennoch zwingen Etikette und Grundsätze der Kirche, Verpflichtungen zur Vertraulichkeit, Respekt vor göttlichen und heiligen Dingen und die nötige Vermeidung, andere anzugreifen, Beschränkungen auf die Freiheit der Meinungsäußerung aus. Ebenso gehört zur Stimmabgabe innerhalb der Kirche das Konzept der allgemeinen Zustimmung. Sie stellt aber keine Fallen wie demokratische Wahlen und läuft in den meisten Fällen auf  die Bestätigung von Führerschaftsberufungen und deren Entscheidungen hinaus. Hinsichtlich der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Rechte von Kindern, lenken religiöse Prinzipien die Beziehungen von Männern, Frauen und Kindern. Diese Prinzipien, welche Mitglieder freiwillig annehmen, lehren Ebenbürtigkeit, betonen jedoch Unterschiede zwischen den Rollen. Sie werden als ewige Schemata gelehrt. Auch werden sie nicht von vorherrschenden Haltungen gegenüber der Menschenrechte in irgendeiner weltlichen Gesellschaft abgeleitet, ob in der Vergangenheit oder der Gegenwart.

BIBLIOGRAPHIE

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ROBERT E. RIGGS