Während Mitglieder anderer christlicher Kirchen vielleicht metaphorisch die gesamte Menschheit als Brüder und Schwestern und Kinder Gottes bezeichnen, glauben Heilige der Letzten Tage dies buchstäblich in dem Sinn, dass ein Vater im Himmel und eine Mutter im Himmel in einer vorirdischen Existenz Geistkinder erschufen. Diese Geistkinder, die als sterbliche Männer und Frauen in diese oder andere Welten geboren werden, gehören daher alle zur selben „Generation“ und sind buchstäblich Brüder und Schwestern, Kinder einer Gottheit. Darunter befindet sich auch Jesus Christus, der sich von anderen Männern und Frauen dadurch unterscheidet, dass er der Erstgeborene Sohn Gottes im Geiste und der Einziggezeugte des Vaters im Fleische ist.
Eine wichtige auf diesem Glauben aufbauende HLT-Lehre ist der Grundsatz der gleichen Möglichkeit, Erlösung zu erlangen. Da alle Sterblichen von der Gottheit abstammen, haben alle den gleichen Zugang zur erlösenden Gnade und können durch gute Werke und moralische Fortschritte, während sie in der Sterblichkeit leben, durch diese Gnade erlöst werden. Diese Lehre der buchstäblichen Verwandtschaft ist eine treibende Kraft hinter den missionarischen Aktivitäten der Kirche: Heilige der Letzten Tage glauben, dass sie die Pflicht haben, das Evangelium Jesu Christi in aller Welt zu verkünden, weil alle Erdenbewohner ihre Brüder und Schwestern sind.
Heilige der Letzten Tage glauben auch an die Bruderschaft des Priestertums. Sie ähnelt der Schwesternschaft in der Frauenhilfsvereinigung. Ein besonderes Band besteht zwischen den Mitgliedern einzelner Priestertumskollegien und des gesamten Priestertums. Wie es in den Schriften und Anweisungen von Kirchenführern heißt, verpflichtet dieses Band Priestertumsträger als Schafhirten füreinander zu fungieren und sich aktiv um die Wohlfahrt anderer Mitglieder und deren Familien zu kümmern. In der Praxis wird diese Pflicht hauptsächlich durch monatliches Heimlehren erfüllt. In diesem Programm besuchen Kollegiumsmitglieder einander, stellen Bedürfnisse fest und erteilen geistige Botschaften.
Da Pfähle und Gemeinden der HLT-Kirche von Laien aufrecht erhalten werden, dienen die meisten aktiven Mitglieder, sowohl Männer als auch Frauen, in irgendeiner unbezahlten Kirchenberufung (siehe Laienteilnahme und Führerschaft). Der von Priestertumsträgern in ihren kirchlichen Berufungen geleistete Dienst erfordert oft viel Arbeit und bietet die Gelegenheit enger Zusammenarbeit. Dieses System fördert ein Gefühl der Bruderschaft des Dienens unter den Priestertumsträgern.
Meistens bezeichnen Heilige der Letzten Tage sich selbst und einander als „Bruder“ oder „Schwester“ soundso, wohingegen man die Generalautoritäten der Kirche meistens mit ihren formelleren Titeln „Elder“ oder „Präsident“ anspricht.
BIBLIOGRAPHIE
Brown, Hugh B. „The Gospel Is for All Men“. IE 72 (Juni 1969):31-34.
Johnson, P. Wendel. „The How of Brotherhood“. IE 72 (Sept. 1969):70-75.
Oaks, Dallin H. „Brother's Keeper“. Ensign 16 (Mai 1986):20.
Taylor, Henry D. „Am I My Brother's Keeper?“ Ensign 2 (Juli 1972):74-75.
TIMOTHY W. SLOVER