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BIOGRAPHIE UND AUTOBIOGRAPHIE

Von Anfang an haben sich die Mitglieder der Kirche an die puritanische Tradition gehalten, religiöse Autobiographien zu schreiben, oft aus demselben Beweggrund, wie ihre Vorfahren, nämlich um ihren Glauben zu bekunden und ihre Handlungen im Licht dieses Glaubens zu rechtfertigen. Die Heiligen der Letzten Tage wurden auch durch modernere Vorbilder und Ratschläge beeinflusst. Das Buch Mormon, ein frühes Dokument der Kirche, beginnt autobiographisch: “Ich, Nephi, stamme von guten Eltern ...” (1. Ne 1:1). Das Buch enthält lange biographische und autobiographische Abschnitte. Eine Version der Autobiographie von Joseph Smith ist in der “Köstlichen Perle” kanonisiert worden, und die Aufforderung im Buch “Lehre und Bündnisse”, “ein Bericht soll von euch geführt werden” (LuB 21:1), bedeutet für Heilige der Letzten Tage, dass diese Aufforderung sowohl an jeden Einzelnen als auch an die Kirche als Organisation gerichtet ist.

Das Nachschlagewerk Guide to Mormon Diaries and Autobiograpies [Verzeichnis der Tagebücher undAutobiographien von Mormonen] aus dem Jahr 1977 enthält beinahe 3.000 veröffentlichte Dokumente, die in verschiedenen Bibliotheken und Archiven vorhanden sind. Ungefähr die Hälfte sind rückblickende Autobiographien, im Gegensatz zu solchen mit täglichen Eintragungen. Weil sich Heilige der Letzten Tage allgemein mit Familiengeschichte befassen, was besonders Präsident Spencer W. KIMBALL (Kimball, Spencer W.) sehr befürwortet hat, hat sich die Zahl solcher Dokumente seit 1980 stark erhöht. Außerdem verbleiben kirchenweit unzählige persönliche Berichte und Familiengeschichten im Privatbesitz der Mitglieder.

Von Mormonen verfasste Autobiographien weisen sehr unterschiedliche Qualität auf. Sie erstrecken sich von “bewußter Virtuosität bis zum selbstbewußten Raffinement, von unbewußter Genialität bis zu stumpfsinniger Monotonie” (Lambert, S. 69). In der klassischen Autobiographie von Parley Parker Pratt (Pratt, Parley P)> (1874) stellt sich der Autor abwechselnd als Mystiker, Einsiedler, Bekehrter, Witzbold, Prediger, Ministrant und Apostel dar. Jeder dieser eingenommenen Haltungen passt er Form und Sprache an. Im Gegensatz dazu ist das ebenfalls bekannte Werk Eine Mormonenmutter, eine Autobiographie von Annie Clark Tanner (Tanner, Annie Clark) weniger kunstvoll, jedoch verinnerlichter und offenbart einen Komplex ungelöster Fragen der Autorin. Mary Goble Pays (Pay, Mary Goble)> kurze Autobiographie (in Cracroft und Lambert, S. 145–153) ist ein Beispiel eines Lebensberichts einer verhältnismäßig ungeschulten Heiligen der Letzten Tage. Als ob sie ihre Geschichte einem Kind erzählt, berichtet sie einfach aber überzeugend aufrichtig.

Auch die Biographie ist ein häufiges literarisches HLT-Genre. In der Tradition der vorhergehenden drei Jahrhunderte ahmten die ersten HLT-Biographen das Biographie-Modell “Leben und Zeit” in ihren Lebensdarstellungen der Kirchenführer nach. Gewöhnlich spiegelten die Arbeiten die beiden Werte Individualität und Gemeinschaft wider, die dem Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft auferlegt waren und verbanden das erste mit der Geschichte der Bewegung. Die Arbeiten waren oft didaktisch und rechtfertigend in ihremTon und verschwiegen ebensoviel über den Charakter und die Erlebnisse einer Person wie sie über sie offenbarten. Heikle Tatsachen wurden entweder ganz ausgelassen oder nur kurz angesprochen: Exkommunikation, Mehrehe, Streit mit anderen Kirchenmitgliedern oder Misserfolge. Manchmal waren solche Tatsachen natürlich bereits allgemein bekannt, und in einem solchen Fall bestand die Aufgabe des Biographen darin, diese Umstände wegzuerklären.

Fünfzig Jahre, nachdem Lytton Strachey (Strachey, Lytton), der bekannte Biograph des Viktorianischen Zeitalters, den Biographiestil geändert hatte, indem er darauf bestand, die ganze Wahrheit zu berichten, begannen HLT-Biographen damit, mehr Einzelheiten über das Privatleben der Kirchenführer zu offenbaren. Marion G. Romney (Romney, Marion G.), dessen Weisung im Vorwort zur Biographie über J. Reuben Clark (Fox 1980; Quinn 1983) oft zitiert wird, schreibt: “Jeder Biograph von Präsident Clark muß über ihn die Wahrheit berichten. Mehr oder weniger als die Wahrheit zu schreiben, würde seinen Lebensprinzipien widersprechen.” Romney, Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft der Kirche, riet den Autoren, “nicht nur eine Sammlung von erhebenden Erlebnissen” oder “eine detaillierte Verteidigung seines Glaubens” zusammenzustellen. Er erwartete von ihnen “eine Biographie des Mannes so wie er war, genauso mutig, ehrlich und offen wie J. Reuben Clark (Clark, J. Reuben) es getan hätte,” mit “seiner Entscheidungbereitschaft und seiner Unschlüssigkeit, seinen Sorgen und Freuden, seinem Mitgefühl und seinen Bemühungen, seinen Rückschlägen und seinen Erfolgen” (Fox, S. xi). Diese Mahnung, die die Biographen von Spencer W. Kimball (Kimball und Kimball, 1977) streng befolgt haben, bezeichnet einen Wendepunkt in Biographien über Mitglieder der Kirche. Die eintönigen, einwandfrei moralischen und rechtfertigenden Biographien wurden durch Studien ersetzt, die die Wirklichkeit wahrheitsgetreu berichten.

Oft hat man versucht, das Leben des Propheten Joseph SMITH zu beschreiben. Seine Mutter, Lucy Mack Smith (Smith, Lucy Mack) diktierte die erste seriöse Studie Biographical Sketches of Joseph Smith the Prophet (1853), aber sie glich fast mehr einer Autobiographie als einer Biographie ihres Sohnes. Angaben über beide wurden als präzises Quellenmaterial akzeptiert, das Buch jedoch nicht als stilistisch vorbildliche Prosastudie angesehen. Spätere Joseph-Smith-Biographien von George Q. Cannon (Cannon, George Q.) (1888), John Henry Evans (Evans, John Henry) (1933), Preston Nibley (Nibley, Preston) (1944), Leon Hartshorn (Hartshorn, Leon) (1970) und Francis G. Gibbons (Gibbons, Francis G.) (1977) richteten sich an die HLT-Leser ihrer Zeit, befriedigen jedoch nicht den heutigen Anspruch auf vollständige Behandlung des Themas.

Fawn M. Brodie (Brodie, Fawn M.) verwendete in No Man Knows My History [Niemand kennt meine Geschichte] (1945) eine wissenschaftlichere Verfahrensweise, verfuhr aber wenig gründlich und etwas ungenau im Umgang mit ihren Quellen. Die Veröffentlichung dieses Buches führte zu einem Aufruhr unter den Heiligen der Letzten Tage und zu der Auforderung an Gelehrte, Entgegnungen zu schreiben. Das führte dazu, dass Geschichtsschreiber von nun an ernsthaftere Forschung betrieben, bevor sie kirchengeschichtliches Material veröffentlichten. Donna Hills (Hill, Donna) Joseph Smith, the First Mormon (1977) und die Rezension ihres Bruders Marvin Hill (Hill, Marvin) “Secular or Sectarian History? A Critique of No Man Knows My History (1974) [Sekuläre oder sektierische Geschichte? Eine Kritik von Niemand kennt meine Geschichte] stellen Alternativen zu Brodie dar.

Keinem Biographen ist es bisher gelungen, den Gründer der Kirche ganz lebensgetreu darzustellen. Richard L. Bushmans (Bushman, Richard L.) Joseph Smith and the Beginnings of Mormonism kommt dem nahe, befasst sich jedoch lediglich mit den ersten Lebensjahren des Propheten. Trotzdem ist sein Buch eine vielversprechende Neubelebung des Themas und bemüht sich, die Menschen und Ereignisse so darzustellen, wie Zeitgenossen sie erlebt haben. Seit Dean Jessees (Jessee, Dean) Veröffentlichung der Papers of Joseph Smith, womit er 1989 begann, ist es den Biographen möglich geworden, noch genauer und vollständiger bei der kompletten Darstellung dieses facettenreichen Mannes zu verfahren.

Mit zunehmendem Interesse an Sozialgeschichte sind mehr Biographien von Mitgliedern der Kirche geschrieben worden, die keine Generalautoritäten der Kirche sind. Solche Menschen erscheinen in Leonard Arringtons (Arrington, Leonard) und David Bittons (Bitton, David) Saints Without Halos: The Human Side of Mormon History [Heilige ohne Heiligenschein: Die menschliche Seite der Mormonengeschichte] und in David J. Whittakers (Whittaker, David J.) Supporting Saints: Life Stories of Nineteenth-Century Mormons [Unterstützende Heilige: Lebensgeschichten von Mormonen aus dem 19. Jahrhundert]. Juanita Brooks’ (Brooks, Juanita) John D. Lee (1972), viele Jahre lang die vorbildliche Mormonenbiographie, und Leonard Arringtons From Quaker to Latter-day Saint: Bishop Edwin D. Woolley [Vom Quaker zum Heiligen der Letzten Tage: Bischof Edwin D. Woolley] (1976) beweisen beide, wie allgemein interessant das Leben sein kann, wenn es gut beschrieben wird.

Frauen der Kirche sind bisher selten in biographischen Werken dargestellt worden. Die Studie über Emma Hale SMITH (Smith, Emma Hale) von Newell-Avery (Newell-Avery) (1984) ist eine Ausnahme, Biographien von Eliza R. SNOW (Snow, Eliza R) und Emmelie B. WELLS (Wells, Emmelie B.) sind in Vorbereitung. Levi Petersen (Petersen, Levi) hat 1988 eine bedeutende Biographie über Juanita Brooks geschrieben, einer Historikerin, die keine führende Stellung in der Kirche innehat.

Einige autobiographische Berichte von Frauen in der Kirche sind vorhanden. Außer A Mormon Mother gibt es die selbsterzählten Lebensdarstellungen von Ellis R. Shipp (Shipp, Ellis R.), Mary Jane Mount Tanner (Tanner, Mary Jane Mount), Sarah Studevant Leavitt (Leavitt, Sarah Studevant) und Aurelia Spencer ROGERS (Rogers, Aurelia Spencer). Es muss jedoch festgestellt werden, dass die meisten Darstellungen dieser Art lediglich für die Angehörigen dieser Frauen gedacht sind. Eine andere Frau aus dem 19. Jahrhundert, Fanny Stenhouse (Stenhouse, Fanny), schrieb Exposé of Polygamie in Utah (1872), was später als Tell It All [Verschweige nichts] (1874) weit verbreitet war.

Moderne Romanschriftstellerinnen wie Virginia Sorenson (Sorensen, Virginia), der Autorin von Where Nothing Is Long Ago [Wo nichts lange her ist] (1963) und Rodello Hunter (Hunter, Rodello), Autorin von Daughter of Zion [Zions Tochter] (1972) haben autobiographisches Material vermischt mit fiktiver Erzählung veröffentlicht. Mehrere handgeschriebene Lebensgeschichten wie die von Martha Cragun Cox (Cox, Martha Cragun) und anderen, die nur für einen beschränkten Leserkreis veröffentlicht wurden und solche, wie die von Louisa Barnes Pratt (Pratt, Louisa Barnes) und Mary Ann Weston Maughan (Maughan, Mary Ann Weston) liegen bisher noch unveröffentlicht in unbekannten Archiven.

Um Heilige der Letzten Tage zu ermutigen, Biographien zu schreiben, haben die Familien von David Woolley (Woolley, David und Beatrice Cannon Familienpreis für Biographien) und Beatrice Cannon einen Preis ausgeschrieben, der seit 1983 alljährlich verliehen wird. Er wird heute vom “Mountain West Center for Regional Studies” an der Utah- State-Universität verwaltet. Unter den folgenden HLT Biographien, sind diejenigen, die bisher mit dem Preis ausgezeichnet worden sind, mit einem Sternchen versehen: Allen, James B. Trials of Discipleship:The Story of William Clayton, A Mormon. Urbana, Illinois, 1987*; Arrington, Leonard J. Brigham Young: American Moses. New York, 1985*; Brodie, Fawn M. No Man Knows My History: The Life of Joseph Smith, the Mormon Prophet, 2. verb. Ausg. New York, 1971; Brooks, Juanita. John D. Lee: Zealot, Pioneer Builder, Scapegoat, verb. Ausg. Glendale, Calif., 1985; Bushman, Richard. Joseph Smith and the Beginnings of Mormonism. Urbana, Illinois, 1984*; Fox, Frank W. J. Reuben Clark: The Public Years. Provo, Utah 1980; Hill, Donna. Joseph Smith: The First Mormon. New York 1977; Hoopes, David S, und Roy H. Hoopes. The Making of a Mormon Apostle: The Story of Rudger Clawson. Lanham, Maryland, 1990; Kimball, Edward L. und Andrew E. Kimball, Jr. Spencer W. Kimball: Twelfth President of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints. Salt Lake City, 1977; Kimball, Stanley B. Heber C. Kimball: Mormon Patriarch and Pioneer. Urbana, Illinois, 1981; Larson, Andrew Karl. Erastus Snow: The Life of a Missionary and Pioneer for the Early Mormon Church. Salt Lake City, 1971; Launius, Roger D. Joseph Smith III: Pragmatic Prophet. Urbana, Illinois, 1988*; Lyon, T. Edgar, jun. John Lyon: The Life of a Pioneer Poet. Provo, Utah, 1989; Madsen, Truman G. Defender of the Faith: The B. H. Roberts Story. Salt Lake City, 1980; Merrill, Milton R. Reed Smoot: Apostle in Politics. Logan, Utah, 1989; Newell, Linda King und Valeen Tippetts Avery. Mormon Enigma: Emma Hale Smith. New York, 1984*; Peterson, Levi S. Juanita Brooks: Mormon Woman Historian. Salt Lake City, 1988*; Quinn, D. Michael. J. Reuben Clark: The Church Years. Provo, Utah, 1983; Schindler, Harold. Orrin Porter Rockwell: Man of God, Son of Thunder, 2. verb. Ausg. Salt Lake City, 1966; Yarn, David H. Young Reuben. Provo, Utah 1973.

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