Home

BAUPROGRAMM

Während ihrer gesamten Geschichte hat die Kirche der Herausforderung ins Auge gesehen, ihrer wachsenden Mitgliedschaft hinreichend Gebäude für Gottesdienste und für kulturelle, erzieherische und erholsame Aktivitäten zur Verfügung zu stellen. Das „Bauprogramm“ ist das Kirchensystem, das den Bau von Versammlungsgebäuden und Tempeln in der ganzen Welt zentral leitet, entwirft und finanziert. Unter der Leitung der Ersten Präsidentschaft und der Präsidierenden Bischofschaft entwirft ein professioneller Stab mit Hauptsitz in Salt Lake City Standardbaupläne und Spezifikationen und erstellt Vorgangsweisen für den Bau und die Ausgaben. Obwohl dieses Programm in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg erheblich entwickelt worden ist, war ein gewisses Maß an zentraler Leitung und Planung schon seit den Anfängen der Kirche vorhanden.

Die ersten zwei wichtigen Kirchengebäude, die Tempel in Kirtland in Ohio und in Nauvoo in Illinois, waren beide Projekte, die von allgemeinen Kirchenführern in die Wege geleitet, finanziert und beaufsichtigt wurden. Kirchenmitglieder überall trugen Geld dazu bei. Viele örtliche Heilige gaben jeden zehnten Tag an Arbeit. Einige junge Männer wurden zu Vollzeitarbeit berufen. Auch wurden erfahrenere Handwerker zum Mindestlohn angestellt, das aus Beitragfonds bezahlt wurde. Ähnlich wurde bei dem nie fertiggestellten Nauvoo-Haus und, nach dem Zug nach Westen, bei dem Salt Lake Tempel und Tabernakel vorgegangen.

Als die Mitgliederzahl der Kirche anstieg und sich über Hunderte von Siedlungen im Westen verstreute, wurden der Entwurf und Bau von Versammlungsgebäuden, Pfahltabernakeln, Kirchenschulen und anderen Gebäuden zu einer lokalen Aufgabe. In vielen Fällen ermutigten Kirchenpräsidenten oder andere allgemeine Führer solche Projekte und boten ab und zu Entwürfe und finanzielle Hilfe. Aber gewöhnlich trugen örtliche kirchliche Führer die Verantwortung für die Finanzierung und Bauaufsicht.

1923 begann die Architekturabteilung der Kirche in Salt Lake City Pläne für Versammlungshäuser und Seminargebäude in der ganzen Kirche anzufertigen. Im Laufe des nächsten Jahrzehnts wurden über 350 Versammlungshäuser und 35 Seminargebäude nach diesen Plänen gebaut. Die meisten davon waren dem Kolonialstil angepasste Gebäude aus rotem Backstein. Willard Young, ein Sohn von Brigham Young, leitete die Abteilung, und der Architekt Joseph Don Carlos Young, ein weiterer Sohn, lieferte die meisten Pläne. Architekten, die keine Kirchenmitglieder waren, lieferten auch Pläne für mehr als 185 Gebäude während dieser Ära, hauptsächlich außerhalb von Utah. Die Finanzierung und der Bau verblieben in lokaler Verantwortung, außer für etwa 50 Gebäude, die zum Teil Unterstützung durch die Kirche erhielten. Diese Abteilung hörte um 1933 herum auf Pläne zu liefern, und örtliche Germeinden bekamen wieder die Verantwortung für das Design ihrer eigenen Gebäude. Nur allgemeine Anweisungen kamen von der Abteilung.

In den Jahrzehnten nach der Großen Wirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg entstand der Kirche aufgrund des nie da gewesenen Wachstums ein dringender Bedarf an vielen neuen Versammlungsgebäuden, besonders außerhalb des amerikanischen Westens. Das Kirchenbaukomittee, unter der Leitung von Howard J. McKean, wurde 1946 organisiert, um diese Bedürfnisse zu befriedigen. Das Programm begann damit, dass 40 Prozent durch allgemeine Kirchenfonds und 60 Prozent vor Ort aufgebracht wurden. Aber innerhalb weniger Jahre verschob sich dieses Verhältnis in den meisten Fällen auf 50 zu 50. In diesem Program beaufsichtigte die Bauabteilung der Kirche die Vorbereitung von Bauplänen durch unabhängige Architekten. Der örtliche Bischof oder Zweigpräsident wurde zum Bauherrn für jedes Projekt und arbeitete mit einem erfahrenen Bauvorarbeiter, gewöhnlich einem Mitglied vor Ort. Lokale Gemeinden trugen so viel Arbeit und Fertigkeiten wie möglich bei. Der Wert ihrer Arbeit wurde auf ihren Anteil der Baukosten angerechnet, was gewöhnlich weniger als 10 Prozent der Gesamtsumme betrug. Der lokale Zweig oder die Gemeinde musste die Hälfte ihres Kostenanteils aufbringen, bevor der Bau beginnen konnte. Die gesamte Summe war vor der Fertigstellung fällig. Falls der Kassenzufluss stockte, stoppte auch der Bau. Mehr als 630 Versammlungshäuser wurden gemäß dieser Verfahrensweise zwischen 1945 und 1955 gebaut. Nur ein paar Verzögerungen ergaben sich durch Finanzschwierigkeiten. In Utah und den meisten anderen Gebieten der Vereinigten Staaten wurden diese roten Backsteingebäude im Kolonialstil mit ihren weißen Türmchen deutlich sichtbarer Bestandteil der Landschaft. Nach 1950 wurden verschiedene Standardarchitekturpläne auch für Seminar- und Institutsgebäude erstellt.

Bis in die frühen 1950er Jahre schuf das Wachstum der Kiche im Südpazifik den Bedarf an Versammlungshäusern und Schulen in Gebieten, wo Geld und gelernte Arbeiter Mangelware waren. 1954 antworteten darauf Kirchenführer, einschließlich dem neuen Baukomitteevorsitzenden Wendell Mendenhall, mit einem Baumissionarsprogramm. Mitglieder mit Fertigkeiten im Bauwesen wurden berufen, Projekte in Polynesien zu beaufsichtigen. Abteilungsleiter brachten ihre Familien mit und erhielten Lebenshaltungszuschüsse. Sie sollten junge Baumissionare und andere lokale Freiwillige schulen und beaufsichtigen, während sie die Gebäude errichteten. Dieses Programm begann mit dem Bau des Kirchencolleges und Tempels in Neuseeland. 1956 wurde das Programm erweitert um Versammlungsgebäude und Schulen im gesamten Südpazifik und Australien zur Verfügung zu stellen. Dazu wurden aus Salt Lake City gesandte Pläne benutzt. Von 1960 bis 1961 erweiterte sich das Programm auf Versammlungsgebäude in Großbritanien und auf dem europäischen Kontinent. Büros befanden sich in England, Holland und Deutschland. Aufgrund der Sprachunterschiede und verschiedener Baubestimmungen in diesen Ländern bereiteten Architekten vor Ort Pläne vor, die auf Standardrichtlinien basierten. 1962 wurde das Baumissionarsprogramm auf den Fernen Osten, Lateinamerika, die Vereinigten Staaten und Kanada ausgedehnt. Schwierigkeiten mit der Beaufsichtigung und der finanziellen Leitung führten 1965 zum Abbruch dieses Programs. Mehr als 2.000 Gebäude wurden gemäß diesem System erbaut.

In den späten 1950er Jahren führte vermehrtes Bauen in den Vereinigten Staaten und Kanada zur Schaffung von vier Gebietsbüros innnerhalb der Bauabteilung in Salt Lake City. Jedes Büro überwacht Grundstückkäufe, Planverfeinerungen, den Bau und die finanzielle Leitung von Projekten in einem geographischen Gebiet. Diese Gebietsbüros sind über die Jahre geteilt und erweitert worden, um auch andere Länder mit einzuschließen. Während der späten 1950er und frühen 1960er Jahre entwickelten sich die Baupläne in vielfältigere Stile.

1965 leitete ein neues Kirchenbaukomittee unter dem Vorsitz von Mark B. Garff eine zentralisiertere Kontrolle des Bauprogramms ein. Das Hauptbüro bereitete weiterhin detaillierte Standardpläne und Spezifikationen vor, einschließlich Farbpaletten und Landschaftsdesigns, für praktisch alle neuen Gebäude. Architekten vor Ort wurden für jedes Projekt angestellt, um beim Vorbereiten von Lageplänen, dem Einholen von Angeboten und Baugenehmigungen und der Bauaufsicht zu helfen. 1978 wurden die Abteilungen Liegenschaften, Bau und Betrieb und Wartung  in der Abteilung Grundstücke und Gebäude kombiniert. Fred A. Baker war der Geschäftsführer. Gebietsbüros wurden erweitert, nahmen an Zahl zu, erstreckten sich weltweit und wurden der Leitung von Generalautoritäten unterstellt, die 1984 als Gebietspräsidentschaften eingesetzt wurden. Viele Büros wurden in die Regionen verlegt, denen sie dienten. Pläne für Versammlungsgebäude wurden nach wie vor im Hauptbüro in Salt Lake City produziert und durch diese Büros verteilt. Die Verteilung der finanziellen Bürde für Bauprojekte zwischen der Kirche insgesamt und auf örtlicher Ebene änderte sich mit den Jahren: 70-30 im Jahr 1960, 96-4 im Jahr 1982 und 100-0 im Jahr 1990. In den Vereinigten Staaten werden fast alle Bauten von Bauunternehmen durchgeführt, während in einigen anderen Ländern lokale Mitglieder immer noch einen Teil der Arbeit beitragen. Wo es praktisch ist, teilen sich zwei oder mehr Gemeinden oder Zweige ein Versammlungsgebäude.

Der Bau von Tempeln in der ganzen Welt verblieb unter der strengen Aufsicht der Ersten Präsidentschaft. Das Sachgebiet Tempel und besondere Projekte der Bauabteilung (später die Abteilung Grundstücke und Gebäude) in Salt Lake City begann 1965 die Vorbereitung von Plänen und den Bau von Tempeln in der ganzen Welt zu beaufsichtigen. 1983 wurde der Entwurf von Standard-Tempelplänen der Abteilung Architektur und Ingenieurwesen übertragen. In den meisten Fällen werden lokale Architekten in Diensten gehalten, um diese Standardentwürfe örtlichen Bedingungen und Baustilen anzupassen und beim Überwachen von Ausschreibungen und Bauanstrengungen zu helfen.

Das zentral geleitete Bauprogramm ist eines der größten und kostspieligsten Programme der Kirche (gewesen). Währen der hohe Grad an zentraler Kontrolle und Standardisierung architektonische Erneuerungen und Flexibilität im Erfüllen örtlicher Gegebenheiten verhindert haben mag, bietet das System konsequente Richtlinien und ordnungsgemäße Verfahrensweisen für ein enormes Unterfangen. Zwischen 1948 und 1990 leitete die Abteilung den Bau von mehr als 8.500 Gebäuden und unterstützte und half so dem Wachstum und der Entwicklung der Kirche in der ganzen Welt.

BIBLIOGRAPHIE

Allen, James B. und Glen M. Leonard. The Story of the Latter-day Saints. Salt Lake City, 1976.
Cowan, Richard O. The Church in the Twentieth Century. Salt Lake City, 1985.
Cummings, David W. Mighty Missionary of the Pacific. Salt Lake City, 1961.

PAUL L. ANDERSON
RICHARD H. JACKSON