Begonnen mit der ersten Ausgabe von 1830 enthielt das Buch Mormon im Allgemeinen zwei Sätze von Zeugnissen: das „Zeugnis der drei Zeugen“ und das „Zeugnis der acht Zeugen“. Als Joseph Smith zuerst die Goldtafeln bekam, erhielt er die Ermahnung, sie niemandem zu zeigen. Als die Überstzungsarbeit Fortschritte machte, lernten er und jene, die ihm halfen, sowohl aus den Seiten des Buches und durch zusätzliche Offenbarung, dass drei besondere Zeugen durch die Macht Gottes wissen würden, „dass diese Dinge wahr sind“ und dass noch weitere außer ihm die Platten sehen und von ihrem Vorhandensein Zeugnis ablegen würden (Ether 5:2-4, 2 Ne. 27:12-13, LuB 5:11-13). Die Zeugnisse der Zeugen bestätigen, dass dies geschehen ist.
Die Zeugen waren Männer, die für ihre Aufrichtigkeit und Nüchternheit bekannt waren. Trotzdem jeder einzelne der drei Zeugen letztendlich von der Kirche exkommuniziert wurde (zwei kehrten zurück), verleugnete keiner von ihnen je sein veröffentlichtes Zeugnis und zog es auch nicht zurück. Jeder bekräftigte bei jeder Gelegenheit die Wahrhaftigkeit ihres Zeugnisses und die Wirklichkeit von dem, was er gesehen und erlebt hatte.
Eine Offenbarung im Juni 1829 bestätigte, dass Oliver Cowdery, David Whitmer und Martin Harris die drei Zeugen sein würden (LuB 17). Bald danach zogen sie sich mit Joseph Smith zusammen in einen Wald nahe Fayette im Staat New York zurück und beteten um die verheißene göttliche Manifestation. Das „Zeugnis der drei Zeugen“ fasst die übernatürlichen Ereignisse zusammen, die stattfanden, als ein Engel erschien und ihnen die Tafeln und Gravierungen zeigte und sie den Herrn hörten, wie er erklärte, dass das Buch Mormon „durch die Gabe und Macht Gottes“ übersetzt worden war. Sie sagten, dass dieselbe göttliche Stimme „uns befahl, dass wir davon Zeugnis ablegen“.
Joseph Smiths Mutter erzählte später von Josephs großer Erleichterung, da er nun nicht mehr der einzige Zeuge für die göttlichen Erfahrungen der Wiederherstellung war (Siehe Gesetz der Zeugen). Dass andere auch einen Engel gesehen hatten und „von der Wahrheit dessen, was ich gesagt habe, werden Zeugnis ablegen müssen, weil sie es jetzt selber wissen“, nahm ihm eine große Last ab (Lucy Smith, Vorläufiges Manuskript, Kirchenarchiv).
Bald darauf erhielten acht weitere auf der Smith-Farm in New York die Erlaubnis, die Tafeln zu sehen und anzufassen: Christian Whitmer, Jacob Whitmer, Peter Whitmer, jun., John Whitmer, Hiram Page, Joseph Smith, sen., Hyrum Smith und Samuel H. Smith. Ihr unterschriebenes „Zeugnis der acht Zeugen“ berichtet, dass Joseph Smith diesen acht Männern die Metalltafeln zeigte. Sie „hoben sie hoch“, während sie die einzelnen „Blätter“ umwendeten und die Gravierungen „seltsamer Machart“ untersuchten. 1829 hatte das englische Wort für seltsam (curious) die Bedeutung des lateinischen Wortes für „vorsichtig“. Dies legt nahe, dass die Tafeln „mit Sorgfalt und Kunstfertigkeit“ gefertigt worden waren. Fünf dieser acht Zeugen blieben standhaft in der Kirche. John Whitmer wurde 1838 exkommuniziert, und sein Bruder Jacob Whitmer und Schwager Hiram Page wurden dann inaktiv.
Die meist dieser elf Zeugen waren Verwandte der Familien Smith und Whitmer, die geholfen hatten, den alten Bericht zu beschützen und zu übersetzen. Es überrascht nicht, dass andere Familienangehörige von einem indirekten Kontakt mit den Tafeln und der Übersetzung sprachen. Der junge William Smith half einmal seinem Bruder Joseph die Tafeln zu tragen, die in einen Arbeitskittel gewickelt waren. Josephs Frau Emma Smith fühlte die geschmeidigen Tafeln, als sie auf dem Tisch, den ihr Mann zum Übersetzen gebrauchte, um den mit einem Tuch bedeckten Bericht herum Staub wischte. Da sie die Last des Haushaltes trug und sich um die Familie und Besucher kümmern musste, die an der Übersetzung arbeiteten, zeigte ein himmlischer Bote Mutter Whitmer (Frau von Peter Whitmer senior) die Tafeln und versicherte ihr, dass es Gottes Werk war.
Martin Harris war ein wohlhabender Farmer aus Palmyra im Staate New York, der lange nach einer Religion gesucht hatte, die die biblische Prophezeiungen erfüllte. Er half vor seinem Erlebnis als Zeuge mit der Übersetzung. 1828 verbrachte er zwei Monate mit Transkribieren, während Joseph Smith den ersten größeren Abschnitt der Übersetzung des Buches Mormon diktierte, 116 von Hand geschriebene Seiten. Nachdem Martin diese Seiten verloren hatte, schrieb er nicht mehr für den Propheten, aber er finanzierte später die Veröffentlichung des Buches.
Oliver Cowdery war hauptsächlich der Schreiber für das Buch Mormon. Er war Schullehrer und hörte von den Goldtafeln, während er bei Joseph Smiths Eltern nahe Palmyra, New York untergebracht war. Anfang April 1829 ging Oliver zu Fuß vom Haus der Familie Smith nach Harmony in Pennsylvanien, wo Joseph Smith am Übersetzen war. Unterwegs besuchte Oliver seinen Freund David Whitmer, der auch ein intensives Interesse für die neuen Schriften entwickelte. Als die Verfolgung in Harmony zunahm, kam David wie vereinbart und brachte Joseph und Oliver um den 1. Juni herum zu seiner Familienfarm nahe Fayette (mehr als 160 Kilometer entfernt).
Joseph Smith erinnerte sich später an das beharrliche Flehen von Harris, Whitmer und Cowdery, nachdem sie erfahren hattten, dass es drei Männern gestattet werden würde, die Tafeln zu sehen. Die Offenbarung im Juni 1829 bestätigte, dass sie die drei Zeugen sein würden und dass sie dann sowohl aus eigener Erfahrung als auch „durch die Macht Gottes“ Zeugnis davon ablegen würden, „dass mein Knecht Joseph Smith jun., nicht vernichtet werde" (LuB 17:3-4). Von den vielleicht 200 festgehaltenen Interviews mit den drei Zeugen betont ein beträchtlicher Anteil die geistige Intensität der Zeugen, während sie den Engel und die Tafeln beschrieben. Auf sich allein gestellt waren der Ruf und die Ansprüche des Propheten gefährdet. Aber das Zeugnis von ehrenhaften, ernsthaften Zeugen, die eine göttliche Erfahrung geteilt hatten, verlieh zusätzliche Glaubwürdigkeit.
Lucy Smiths Autobiographie beschreibt die überwältigende Dankbarkeit der drei Zeugen, als sie nach dem gemeinsamen Erlebnis zum Haus der Familie Whitmer zurückkehrten. Joseph Smiths eigene Geschichte enthält die genauesten Details des Ereignisses: mehrmaligen Gebeten folgte eine Vision, die gleichzeitig dem Propheten, Cowdery und Whitmer zuteil wurde. Dies geschah bald nach einer fast identischen Vision, die der Prophet gemeinsam mit Harris erlebt hatte. Laut Joseph umgab die äußerst große Herrlichkeit Gottes die natürlich Umgebung, und in ihrem göttlichen Licht erschien der Engel. Er zeigte vorsichtig die Tafeln, ermahnte insbesondere David Whitmer - den einzigen der drei, der letztendlich nicht zur Kirche zurkückkam - bis ans Ende auszuharren, und die Stimme Gottes verkündete die Göttlichkeit des Buches (HC 1:54-56).
Zu Anfang des Jahres 1838 führten Meinungsverschiedenheiten über Kirchenrichtlinien zur Unzufriedenheit und Exkommunizierung für jeden der drei Zeugen, und sie gingen ihre eigenen Wege. Cowdery starb 1850, Harris 1875 und Whitmer 1888. Ihr ganzes Leben lang beantwortete jeder Zeuge offen Fragen über ihr Augenzeugenerlebnis mit dem Engel und den Tafeln. Offensichtlich verließen sie sich nicht auf Joseph Smiths Bericht, den er erst Monate nach ihrer Exkommunikation schrieb, und jeder sprach spontan und unabhängig voneinander. Jedoch stimmten die Details überein und standen auch im Einklang mit Joseph Smiths Bericht in seiner Geschichte.
Die Entfremdung der Zeugen von der Kirche entstand größtenteils aus Konflikten mit Autorität. Nachdem sie die Offenbarung empfangen hatten, fühlten die drei Zeugen, dass sie mit Joseph Smith gleichen Anteil an fundamentalen Erlebnissen hatten. Und ihre Überzeugtheit von der vergangenen Vision trug zu ihrer Unbeugsamkeit in Bezug auf zukünftige Offenbarungen bei. Sie stellten sich auf die Seite der Kritiker des Propheten, die negativ auf den Fehlschlag der Kirtland Safety Society (Siehe Kirtland Wirtschaft) reagierten, und sie widersetzten sich Joseph Smiths energischer Führerschaft in Angelegenheiten der Lehre und Verwaltung. Nach ihrer Exkommunikation fühlte jeder eine tiefe Ablehnung. Dies resultierte, wie vorherzusehen war, in ihrer scharfen Kritik der Kirchenführerschaft. Selbst unter diesen Umständen hielt jedoch jeder der drei Zeugen weiterhin mit voller Überzeugung an der Echtheit ihres veröffentlichten Zeugnisses fest. Keiner gab je einen Zweifel daran zu erkennen, was sie bezeugt hatten. Sowohl Oliver Cowdery als auch Martin Harris kehrten spät in ihrem Leben zur Kirche zurück. David Whitmer blieb religiös unabhängig, aber verteidigte das Buch Mormon bis zuletzt aggressiv.
Skeptiker haben dem „Zeugnis der drei Zeugen“ geringen Wert beigemessen und als Grund geheime Absprache und Täuschung angegeben. Jedoch war jeder der drei ein respektiertes und unabhängiges Mitglied der nicht-HLT Gesellschaft und aktiv in seiner Gemeinde. Ihr Leben ist vollständig dokumentiert und zeigt klar ihre Ehrlichkeit und Intelligenz. David Whitmer reagierte wiederholt auf Anschuldigungen möglicher „Täuschung“. Einem Skeptiker antwortete er: „Natürlich waren wir im Geist, als sich uns der Blick eröffnete... aber wir waren auch im Körper, und alles war für uns so natürlich, wie es immer ist“ (Anderson, S. 87). Möglicherweise macht ihre spätere Entfremdung sie zu noch glaubwürdigeren Zeugen, denn keine geheime Abrede hätte Jahren an Trennung von der Kirche und voneinander standhalten können.
Die Zeugnisse der drei und acht Zeugen bringen das Übernatürliche und das Natürliche ins Gleichgewicht. Das eine betont den Engel und die Stimme vom Himmel, das andere die Existenz eines anfassbaren Berichts auf goldenen Tafeln. Kurz vor ihrem Tod sagte jeder der drei, dass er die Tafeln gesehen hatte. Und jeder der acht bestand darauf, dass er sie angefasst hatte. Die meisten der acht und alle der drei Zeugen wiederholten ihre Zeugnisse vom Buch Mormon auf dem Sterbebett. Zusammen mit Joseph Smith erfüllen sie Nephis Prophezeiung: „Sie sollen die Wahrheit des Buches und dessen, was darin ist, bezeugen“ (2 Ne. 27:12).
BIBLIOGRAPHIE
Beiträge der drei Zeugen zu der Übersetzung des Buches Mormon erscheinen im Detail in Lucy Mack Smiths Biographical Sketches of Joseph Smith the Prophet and His Progenitors for Many Generations (Liverpool, 1853 [Neudruck Salt Lake City, 1902 unter dem Titel History of the Prophet Joseph by His Mother Lucy Mack Smith]).
Joseph Smiths Erinnerungen an die Ereignisse im Juni 1829 finden sich in Dean C. Jessee, Hg., The Papers of Joseph Smith, Bd. 1 (Salt Lake City, 1989) (Siehe Transkriptionen des Entwurfs von 1839 und der Manuskript-Geschichte von 1839). Siehe auch Joseph Smiths veröffentlichte History of the Church.
Die Zeugnisse der Zeugen und über ihr Leben außerhalb der Kirche können Sie in Richard Lloyd Andersons Investigating the Book of Mormon Witnesses (korrigierte Ausgabe, Salt Lake City, 1989) lesen. Urdokumente über ihre Zeugnisse erscheinen in Preston Nibleys Witnesses of the Book of Mormon (Salt Lake City, 1953).
Kurzbiographien sind in Andrew Jensons Latter-day Saints Biographical Encyclopedia, Bd. 1 (Salt Lake City, 1901). Profile für die meisten der Zeugen finden sich auch in Lyndon Cooks Revelations of the Prophet Joseph Smith (Salt Lake City, 1985).
RICHARD LLOYD ANDERSON