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DAS BUCH MORMON ALS LITERARISCHES WERK

Obwohl die klare, leicht verständliche Sprache des Buches Mormon eine Billigung als Literatur untertreibt, weist es eine erstaunliche Vielfalt an literarischen Formen auf; einschließlich kunstvoll-verwickelte hebräische Dichtung, denkwürdige Erzählungen, rhetorisch-effektive Reden und Predigten, diverse Briefe, eine bildhafte Sprache, Allegorien, Methaphorik, Symbolik und Weisheitsliteratur.  In den letzten Jahren hat man diese Aspekte der 1829 Übersetzung von Joseph Smith immer mehr zu schätzen gelernt, besonders wenn man sie mit weiteren biblischen und literarischen Formen voralters vergleicht.  

Vielerlei Beweggründe laden ein das Buch Mormon als literarisches Werk zu betrachten.  Anstatt „formlos“ zu sein, wie ein Kritiker (Bernard DeVoto, American Mercury 19 [1930]:5) es einmal entwertete, ist das Buch Mormon beiderlei: Es ist intern einheitlich und von einer verfeinerten Ausdrucksweise beseelt (obwohl nicht auffällig).  Es „vermittelt einen kompaktgehaltenen und rasch-fortschreitenden Geschichtsverlauf, der duzende Handlungen mühelos miteinander verknüpt ohne einen Fehltritt zu begehen, sich nie widerspricht, und der viele originale Redewendungen vorweist. (CWHN, 7:138)   

Ungeachtet seines relativ kleinen Gebrauchsvokabulars von ungefähr 2, 225 englischen Grundwörtern, distilliert das Buch Mormon effektiv viele menschliche Erfahrungen und Verbindungen zum Göttlichen. Es stellt seine Themen kunstvoll, durch einfache, dennoch tiefsinnige Methaphorik, direkter, dennoch verwickelter Abhandlungen, und gradlinigen, dennoch komplexen Strukturen dar.  Wenn man das Buch Mormon als literarisches Werk liest, sieht man wie literarische Mittel benutzt wurden, um den Inhalt zu vermitteln. Das Beachten von Form, Ausdrucksweise, Sinnbildlichkeit der Sprache, und gewissen rhetorischen Mitteln steigert die eigene Sensibilität in Bezug auf die Struktur des Textes und führt zu einem tieferen Verständnis betreffs dieses Werkes und seiner Autoren. Der vorgegebene Zweck des Buches Mormon ist den Lamaniten, die ein Überrest des Hauses Israels sind, jene Bündnisse vor Augen zu halten, die der Herr mit ihren Vätern gemacht hat, und „Juden und die Anderen“ davon zu überzeugen, dass Jesus der Christus ist. (Siehe Das Buch Mormon: Titelseite des Buches Mormon).  Der Prophet Mormon wählte Materialien aus and gestaltete sie literarisch so, dass ihre Botschaft ergreifend und denkwürdig vermittelt werden würde.    

Da die derzeitige Disziplin für das Identifizieren and Bewerten bestimmter literarischer Formen des Buches Mormon noch sehr jung- und ein auf den Geist ausgerichtetes Lesen des Textes erforderlich ist, verstehen diejenigen, die es demgemäß analysieren, als ein Werk der Unmittelbarkeit; ein Text der erzählt und auch darstellt, so wie es in der schönen Literatur oft der Fall ist.  Nicht länger eignet sich Mark Twains Begriffserklärung, dass ein Klassiker ein Buch sei, wovon jeder spricht aber niemand liest; sondern es ist eher ein Werk, „was einen verschleißt bevor es sich verschleißen lässt“ (J. Welch, „Study, Faith, and the Book of Mormon,“ BYU 1987-88 Devotional Speeches, p. 148. [Provo, Utah, 1988]).  Und so kommt es, dass das Buch Mormon zunehmend als ein einzigartiges Werk verstanden wird, welches auf eine schöne und mitreißende Art das wesentlich Menschliche enthüllt und anspricht.   

POETIK.  Verwoben in den Schilderungen des Buches Mormon sorgt seine Lyrik für das beste Beispiel einer wesentlichen Verbindung zwischen Form und Inhalt. Betrachtet man die zahlreichen inspirierten Worte des Herrn, der Engel und der Propheten den antiken Versformulierungen nach, dann lässt sich sein Sinngehalt demgemäß reicher erfassen. Diese Formeln beinhalten auf die Zeile bezogene Regeln, Schemen der Symmetrik, des Parallelismus und chiasitische Konstruktionen, die mit den Definitionen von Adele Berlins The Dynamics of the Biblical Parellelism (Bloomington, Ind., 1985) und Wilford Watsons Classical Hebrew Poetry (Sheffield, 1984) im Einklang stehen.  Schilderung und Poesie fließen mühelos ineinander, wie dieser, sich steigernde Auszug vermittelt: „Aber siehe, der Geist hat mir soviel gesagt, nämlich: Rufe diesem Volk zu, nämlich kehrt um, und bereitet den Weg des Herrn, und wandelt auf seinen Pfaden, die gerade sind; denn siehe, das Himmelreich ist nahe, und der Sohn Gottes kommt auf das Antlitz der Erde“ (Alma 7:9).

Der Stil des Buches Mormon ist des öfteren wegen anscheinend unnötigen Worten und überflüssigen Redewendungen kritisiert worden, jedoch kommen diese Wiederholungen meist sinnvoll gerodnet und effektiv vor.  Zum Beispiel, der im Buch Mormon reichlich vorhandene Parallelismus dient vielerlei Funktionen.   Er betont zweifach wiederholte Konzepte und verschärft den Kontrast zwischen ihnen, wie es in diesem Synonym-Parellelismus im 2. Nephi 9:52 der Fall ist: „Siehe, meine geliebten Brüder, denkt an die Worte eures Gottes; betet ohne Unterlaß zu ihm bei Tag, und dankt seinem heiligen Namen bei Nacht. Laßt euer Herz sich freuen.“  

Eine Rede des Propheten Nephi, die besonders an seine halstarrigen Brüder gerichtet ist, beinhaltet einen scharf-gezeichneten andersartigen antithesischen Parallelismus: „Ihr seid schnell, Übles zu tun, aber langsam, euch des Herrn, eures Gottes, zu erinnern“ (1 Ne. 17:45).

In Hinsicht auf den Chiasmus (ein a-b-b-a Schema) gibt es auch verschiedene treffende Intanzen im Buch Mormon.  Im Psalm Nephi (2 Ne. 4:15-35) werden zum Beispiel anfängliche Gesuche an Seele und Herz verneinend erörtert, während seine Widerspiegelung es in ein stark bejahendes Gesuch an Herz und Seele umändert, der  literarisch einen effektiven und kulminierenden Kontrast erzeugt:

 Erwache, meine Seele! Welke nicht länger in Sünde dahin. Freue dich, o mein Herz, und gib dem Feind meiner Seele nicht länger Raum. / Erzürne dich nicht abermals meiner Feinde wegen. Laß nicht meine Kraft ermatten meiner Bedrängnisse wegen. / Freue dich, o mein Herz, und rufe zum Herrn und sprich: O Herr, ich werde dich preisen immerdar; ja, meine Seele wird sich freuen an dir, mein Gott und der Fels meiner Errettung.  (2 Ne 4:28-30)

Präzise Anführungen längerer Chiasmen (a-b-c-c-b-a) sind in Mosiah 5:10-12 und Alma 36:1-30; 41:13-15 leicht vorzufinden. Diese rhetorische Figur lenkt unsere Aufmerk-samkeit in Alma 36 effektiv auf den in Verse 17-18 enthaltenen zentralen Gedanken; in Alma 41 verstärkt sie passend das Konzept einer  „außergerichtlichen Konfliktschließung“ oder TOA (Täter-Opfer-Ausgleich), wovon schon in Levitikus 24:13-23 die Rede ist, und wo jener Chiasmus angewandt wurde einen ähnlichen TOA zu verdeutlichen.   

Eine weitere rhetorische Figur ist das a fortiori (Erst-recht-Schluss), wo eine „Behauptung durch eine noch stärkere Behauptung“ verfestigt werden soll.  In Alma 60:22 benutzte man sie, um ein übersteigertes Gefühl betreffs einer Menschenmasse durch eine Zahlenparellele zweifacher Wiederholung innerhalb einer chiastischen Struktur zu vermitteln: „Ja, wollt ihr müßig dasitzen, während ihr von Tausenden derjenigen umgeben seid, ja, und Zehntausenden, die ebenfalls in Müßigkeit dasitzen?“

In Hinsicht auf Poesie gibt es viele Stellen im Buch Mormon, die im Sinne der Lyrik analysiert werden sollten.  Das Sortiment reicht von Lehis kurzer Versdichtung,  prägnant mit Wüstensymbolik (1 Ne. 2:9-10), die Dr. Hugh Nibley als arabische Quasida (Ode) identifiziert (CWHN 6:270-275), bis hin zu den umfangreichen Reden Jakobs, Abinadis und die des auferstandenen Jesu (2 Ne. 6-10; Mosia 12-16 und 3 Ne. 27).  

TEXTE DER ERZÄHLUNG.  Die Erzählung in den Büchern innerhalb des Buches Mormon erhält ihre Vitalität durch starke Konflikte, leidenschaftliche Dialoge, oder durch Schilderungen eigener Erfahrungen.  Der Prophet Nephi berichtet über seine Heldentaten, um die Messingtafeln zu erlangen; Jakob widersteht den falschen Vorwürfen Sherems, dem Gottes Strafgericht widerfährt; Ammon kämpft gegen die Plünderer an dem Wasser Sebus und gewinnt die Zuversicht König Lamonis; Amulek wird von dem durchtriebenen Gesetzeslehrer Zeesrom konfrontiert; Alma2 und Amulek, wurden bewahrt, während ihre Kläger von zusammenstürzenden Gefängniswänden zerdrückt wurden; der oberster Hauptman, Moroni1, beteiligt sich an einer entscheidenden Machtprobe gegen den Stammesführer Zerahemnach; Amalikkja kommt durch Verrat und Böswilligkeit an die Macht; ein späterer Prophet names Nephi2 offenbart an eine ungläubige Masse, dass ihr oberster Richter auf Geheiß seines Bruders ermordet worden war; und die beiden letzten Jareditenkönige kämpfen bis zur gegenseitigen Vernichtung ihrer Völker. 

Im Großen und Ganzen ist das Buch Mormon eine epische Aufzeichnung der Geschichte des Volk Nephi.  Groß angelegt beinhaltet es einen eponymischen Helden und beschreibt Aktionen langer mühseliger Reisen und heroischer Taten, woran sich übernatürliche Wesen aktiv beteiligen.  Eingebettet in diesen tausendjährigen Bericht des Entstehens, der Entwickelung und Vernichtung der Nephiten, liegt das Epos des Auf- und Niedergangs der Jarediten, die den Nephiten zeitgemäß und in ihrer Lebensweise vorangingen.  (Ihr episches Milieu wird in CWHN 5:285-394 ausgiebig beschrieben)  Der dramatische Höhepunkt des Buches Mormon ist der ergreifende Bericht über den Besuch des auferstandenen Jesu an eine Gruppe rechtschaffener Nephiten. 

PREDIGTEN UND REDEN. Prophetische Ansprachen sind eine vorherrschende literarische Form im Buch Mormon.  Reden, wie die des König Benjamin (Mosia 1-6), die Aufforderung von Alma2 an das Volk Zarahemla (Alma 5), und Mormons Lehren über Glauben, Hoffnung und Nächstenliebe (Moro. 7) sind artistisch so gestaltet, dass sie eine große rhetorische Wirkung auf den religiösen Zweck des Buches vermitteln. Die öffentliche Predigt des lamanitischen Propheten Samuel (Hel. 13-15) ist eine klassisch- prophezeiende „Gerichtsrede“.  Mit Prinzipien rhetorischer Kritik als Richtschnur erkennt man wie König Benjamin während seiner ritualen Rede zunächst darauf zielt die Anwesenden eine derzeitige Ansicht bekräftigen zu lassen, wonach er seine reflektive Rhetorik in Kraft setzt, „die darauf Bedacht ist eine Aktion in der Zukunft – oft nah bevorstehende Zukunft – ausrichtend zu beeinflussen“ (Kennedy, New Testament Interpretation Through Rhetorical Criticism [1984], p. 36).  Bemerkenswerter Weise ist die Rede König Benjamins als Ganzes, sowohl wie in seinen verschiedenen Teilen, chiastisch. (Welch, 202-205)

BRIEFE.  Die acht Sendschreiben im Buch Mormon sind dialogorientiert und enthüllen die diversen Charaktere ihrer Verfasser.  Diese Briefe stammen vom obersten Hauptman Moroni1 (Alma 54:5-14; 60:1-36), Ammoron (Alma 54:16-24), Helaman1 (Alma 56:2-58:41), Pahoran (Alma 61:2-21), Giddianhi (3 Ne. 3:2-10) und Mormon (Moro. 8:2-30; 9:1-26)  

ALLEGORIE, METAPHER, BILDER UND TYPOLOGIE. Diese Formen sind im Buch Mormon auch weit verbreitet. Zenos’ Allegorie des Olivenbaumes (Jakob 5), z. B. vereinigt lebhaft and anschaulich duzende Details des Gartenbaus als sie die Geschichte von Gottes Walten mit Israel darstellt.  Ein treffendes Fluch-Gleichnis, mit Parallelen zur nahöstlichen Literatur, erscheint in Abinadis prophetischer Anklage: „Dein Leben [König Noah] werde wie ein Kleid in einem Feuerofen sein... und du werdest wie ein Halm sein, selbst wie ein trockener Halm des Feldes, den die Tiere niedertrampeln und zertreten“ (Mosia 12:10-11). 

Ein effektiver Hinweis auf eine erweiterte Metapher ist Almas Vergleich vom Wort Gottes mit einem Samenkorn, was ins Herz gepflanzt wird und zu einem fruchtbaren Baum des Lebens heranwächst (Alma 32:28-43).  Beim Erstehen dieser Metapher benutzt Alma ein hervorstechendes Beispiel der Synästhesie (Vermischen von Sinnesebenen): wenn Gottes Wort den Verstand der Hörenden erleuchtet wissen sie, dass es wahr ist „nachdem ihr von diesem Licht gekostet habt“ (Alma 32:35).

Wiederkehrende Archetypen, wie Baum, Fluss, Finsternis und Feuer bestätigen graphisch Lehis Verständnis „daß es in allen Dingen einen Gegensatz gibt“ (2 Ne. 2:11), und dass Gegensätzlichkeit für die Rechtschaffenen seegensreich sein wird. 

Obwohl symbolische Deutung im Buch Mormon nicht immer vollständig entwickelt ist, beharrt der Text darauf wenn es um Gott-gegebene und Gott-gelenkte Personen geht: „Siehe... alles, was dem Menschen von Anfang der Welt an von Gott gegeben worden ist, weist sinnbildlich auf ihn [Jesus Christus] hin“ (2 Ne. 11:4); alle Verrichtungen und heilige Handlungen des Gesetz Mose waren ein Symbol, d.h. sie waren „alles Sinnbilder dessen ... was kommen wird“ (Mosia 13:31); und der Richtungsweiser (Liahona oder Kompass) wurde auch als Sinnbild betrachtet: „Denn ebenso gewiß, wie dieser Richtungsweiser unsere Väter, wenn sie seinem Weg folgten, ins verheißene Land führte, werden die Worte von Christus, wenn wir ihrem Weg folgen, uns über dieses Tal der Trauer hinaus in ein weit besseres Land der Verheißung führen“ (Alma 37:45).  Im Rahmen seiner größten typologischen Struktur passt sich das Buch Mormon den von Northrop Frye postulierten sieben Phasen der Offenbarung an: Schöpfung, Auflehnung oder Exodus, Gesetz, Weisheit, Prophezeiung, Evangelium und die Apokalypse. (The Great Code: The Bible and Literature [New York, 1982]).

DIE WEISHEITSLITERATUR.  Die übermittelten Worte der Weisen sind im ganzen Buch Mormon verstreut, besonders beim Rat von Vätern an ihre Söhne.  Der Prophet Alma hinterlässt folgenden Rat: „O denke daran, mein Sohn, und lerne Weisheit in deiner Jugend; ja, lerne in deiner Jugend, die Gebote Gottes zu halten“ (Alma 37:35; vgl. 38:9-15).  König Benjamin sagt: „Und siehe, ich sage euch dies, damit ihr Weisheit lernt, damit ihr lernt, daß, wenn ihr im Dienste eurer Mitmenschen seid, ihr nur im Dienste eures Gottes seid“ (Mosia 2:17).  Der Prophet Lehi äußerte diesen treffend formulierten Lehrgedanken: „Adam fiel damit Menschen sein können, und Menschen sind, damit sie Freude haben können“ (2 Ne. 2:25).  Gehaltvolle Sprüche wie „Narren spotten, aber sie werden trauern” (Ether 12:6) und “schlecht zu sein hat noch nie glücklich gemacht“ (Alma 41:10) werden unter Heiligen der Letzten Tage auch heutzutage noch oft erwähnt. 

DIE APOKALYPTISCHE LITERATUR.  Die Vision im 1 Nephi 11-15 (sechstes Jahrhundert v. Chr.) ist mit der frühen apokalyptischen Literatur vergleichbar.  Sie beinhaltet eine Vision; ist im Dialogformat geschrieben, hat einen jenseitigen Fürsprecher oder Begleiter, enthält ein Gebot zu schreiben, behandelt die Neigung und Einstellung des Empfängers, prophezeit von Verfolgungen, sagt eine kosmische Umwandlung voraus und unterstellt einen Ort im Jenseits als Raumaxe.  Die Entwicklung der nachstehenden und komplizierten jüdischen Engellehre, ihre mythologische Numerologie und Symbolik, ist nicht auffindbar.    

STIL UND TON.  Die Schreiber im Buch Mormon sind sehr auf Stil und Ton bedacht. Alma wünscht sich, dass er „mit der Posaune Gottes sprechen könnte, mit einer Stimme, die die Erde erschüttert,“ er sieht aber ein, „ich bin ein Mensch und versündige mich mit meinem Wunsch; denn ich sollte mit dem zufrieden sein, was der Herr mir zugeteilt hat“ (Alma 29:1-3).  Moroni2 bedauert seine Unzulänglichkeit im Schreiben auf diese Weise: „Herr, die Andern werden diese Dinge wegen unserer Schwäche im Schreiben verspotten... Du hast... unsere Worte machtvoll und groß gemacht, ja, so daß wir sie nicht niederschreiben können; darum, wenn wir schreiben, sehen wir unsere Schwäche und stolpern, wenn wir unsere Worte setzen sollen“ (Ether 12:23-25; vgl. 2. Ne. 33:1).  Aber die Worte Moronis sind nicht schwach.  In machtvoll steigerndem Rhythmus erklärt er kühn: O ihr Verunreinigten, ihr Heuchler, ihr Lehrer, die ihr euch um das verkauft, was zerfrißt, warum habt ihr die heilige Kirche Gottes verunreinigt? Warum schämt ihr euch, den Namen Christi auf euch zu nehmen?.... Wer will die Kinder Christi verachten? Gebt acht, ihr alle, die ihr Verächter der Werke des Herrn seid, denn ihr werdet euch verwundern und zugrunde gehen“ (Morm. 8:38; 9:26).  

Der Schreibstil, der verschiedenen Verfasser im Buch Mormon ist unterschiedlich und reicht vom Ungeschmückten bis zum Grandiosen. Tonmäßig erstreckt er sich von Moronis scharfem Schuldspruch bis Jesus’ demütigstem Flehen: „Siehe, mein Arm der Barmherzigkeit ist euch entgegengestreckt, und wer auch immer kommt, den werde ich empfangen“ (3 Ne. 9:14).

Christus ist das große Beispiel der Vertändigung.  Moroni2 berichtet „daß er [Jesus] mir in einfacher Demut, in meiner eigenen Sprache, ja, wie ein Mann es einem anderen sagt, dies alles gesagt hat; und nur weniges habe ich wegen meiner Schwäche im Schreiben niedergeschrieben“ (Ether 12:39-40).  Zwei Konzepte dieses Berichtes werden im Buch Mormon durchgehend wiederholt – klare Sprache und die Unfähigkeit über gewisse Dinge schreiben zu können.  „Darum habe ich klar zu euch gesprochen,“ sagt Nephi, „damit ihr nicht mißverstehen könnt“ (2 Ne. 25-28).  „ Meine Seele erfreut sich an Klarheit“ fährt er fort, „denn auf diese Weise wirkt der Herr, Gott, unter den Menschenkindern“ (2 Ne. 31:3).  Dennoch erfreut sich Nephi an den Worten Jesajas, „wenn auch die Worte Jesajas nicht klar sind für euch, so sind sie doch klar für alle diejenigen, die vom Geist der Prophezeiung erfüllt sind“ (2 Ne. 25:4).  Bestehend aus klarer und verschleierter Sprache, ist das Buch Mormon geistig und literarisch ein gewaltiges und machtvolles Buch, welches direkt, dennoch komplex sein kann, einfach dennoch tiefsinnig.

BIBLIOGRAPHIE

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