Heilige der Letzten Tage glauben, dass das Hervorkommen des Buches Mormon als Instrument der Hand Gottes dazu diente sein Werk in Erfüllung zu bringen, so wie es von biblischen Propheten, wie Jesaja und Ezechiel schon voralters prophezeit worden war (vgl. 1 Ne. 19:21; Siehe Vorherwissen Gottes). Ihre göttlichen Kundgebungen betreffs dieser Dinge, wie z. B. das Kommen Christi, kann man besser verstehen, wenn man ihr historisches Milieu mit in Betracht zieht.
JOSEPHS PROPHEZEIUNGEN. Im Segen Jakobs an seinen Sohn Joseph deutet er an, dass ein Zweig abgebrochen werden würde mit der Verheißung, dass dieser Zweig oder Joseph, ein fruchtbarer Ast sein wird, dessen abgebrochenen Zweige, d.h. seine Nachfahren, über „die Mauer emporsteigen,“ und sie Erben göttlicher Segnungen sein werden (Luther Bibel Gen. 49:22-26, 1 Ne. 19:24; vgl. Deut. 33:13-17). Eine weitere im Buch Mormon erscheinende Prophezeiung erweist sich bei solch einer Exegese als hilfreich (Genesis 49).
Gemäß einer Prophezeiung betreffs Joseph in Ägypten, die im Buch Mormon bewahrt wurde, heisst es, dass zwei Berichte, durch zwei Stämme Israels geführt werden würden – einer (die Bibel) durch den Stamm Juda, und der andere (das Buch Mormon) durch den Stamm Joseph (2 Ne. 3:12; vgl. Eze. 37:15-19). Jener Bericht, der vom Stamm Joseph geführt und auf Messingtafeln eingraviert wurde, läuft dem biblischen Bericht größtenteils gleich (1 Ne. 5:10-16; 13:23). Ein Prophet namens Lehi, ein Nachkomme Josephs, enfloh Jerusalem etwa 600 Jahre v. Chr. und nahm diese Aufzeichnungen mit in ein Verheißenes Land, welches sich auf der westlichen Hemisphäre befand. Er bezeugte: „Darum hat Joseph wahrhaftig unseren Tag geschaut. Und er erhielt vom Herrn die Verheißung, daß aus der Frucht seiner Lenden der Herr, Gott, dem Haus Israel einen rechtschaffenen Zweig erwecken werde; nicht den Messias, sondern einen Zweig, der abgebrochen werden würde“ (2 Ne. 3:5).
DAS ERSCHEINEN DES AUFERSTANDENEN JESU. Propheten lehrten Lehi das Evangelium Jesu Christi, dem „Zweig,“ den Nachfahren Josephs, und prophezeiten, dass Jesus ihnen [den Nachfahren] nach seiner Auferstehung erscheinen würde (2 Ne. 26:1). Betreffs dieses Ereignisses, erwähnte Jesus an seine Hörer in Palestina, er habe „andere Schafe,“ die „nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen, und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben and einen Hirten“ (Joh. 10:16). Als er den Nachkommen Lehis auf der westlichen Hemispäre erschien (ugf. 34 n.Chr.) gestattete er der Menge die Nägelmale in seinen Händen und Füßen zu fühlen, so dass sie wahrlich von seiner Auferstehung überzeugt wurden (3 Ne. 11:10-15). Hernach verwies er insbesondere auf seine Worte im Johannesevangelium (3 Ne. 15:16-24; Joh. 10:16), wo er verkündet, „Ihr seid es, von denen ich gesagt habe: Andere Schafe habe ich, die nicht von dieser Herde sind (3 Ne. 15:21). Ferner verkündete er ihnen das Evangelium, berief 12 Jünger (Siehe Apostel), verkündete die Erfüllung des Gesetz Moses, führte das Abendmahl ein, organisierte seine Kirche und verursachte, dass sie und seine Anhänger in Palestina zu einer Gemeinschaft mit einem Hirten wurden (3 Ne. 11-29).
DER BERICHT AUS DEM STAUBE. Heilige der Letzten Tage lehren, dass Jesaja vorausgesehen hatte, dass dieser Zweig der Familie Joseph letztendlich vernichtet werden würde. Er verglich dieses zukünftige Ereignis mit Ariel, einer Stadt Davids, die auch zerstört worden war, nachdem feindliche Truppen sie ringsum eingeschlossen und belagert hatten (Jesaja 29:3). Ungeachtet der Tatsache, das viele Menschen dieses Zweiges erschlagen werden würden, erläuterten beide, Jesaja und Nephi, dass die Stimme der Nachfahren Josephs wie „Worte dringen dumpf aus dem Staub,“ und ihr Reden wie „ein Geflüster im Staub“ gehört werden würde (Jes. 29:4; 2 Ne. 26:16). „Denn der Herr, Gott, hat gesagt, daß die Worte der Getreuen sprechen werden, als sei es von den Toten“ (2 Ne. 27:13; vgl. 26:15-16; Siehe Stimme aus dem Staube).
Nephi1, der erste Schreiber des Buches Mormon, war sich dieser Dinge bewusst und schrieb ugf. 570 Jahre v. Chr. an noch ungeborene Generationen, wie es sich abspielen würde: „Und nun, meine geliebten Brüder, ihr alle, die ihr vom Haus Israel seid, und all ihr Enden der Erde, ich spreche zu euch wie die Stimme eines, der aus dem Staube ruft“ (2 Ne. 33:13). Auf ähnliche Weise schrieb Moroni2, der letzte Schreiber des Buches Mormon um 400 n. Chr.: „Siehe, ich rede zu euch, als redete ich von den Toten her; denn ich weiß, daß ihr meine Worte haben werdet“ (Morm 9:30; vgl. Moro. 10:27). Als Moroni2 im Begriff war die Aufzeichnungen zu begraben, schrieb er: „Und niemand braucht zu sagen, es werde nicht hervorkommen, denn das wird es gewiß, denn der Herr hat es gesagt; denn aus der Erde wird es kommen, durch die Hand des Herrn, und niemand kann es zurückhalten“ (Morm 8:26; vgl. LPJS [1963], 85-86).
Die Formelierung „aus dem Staube“ oder „Erde“ ist deshalb eine Metapher, die sich auf die Stimmen derer bezieht, die schon verstorben sind; aber sie dient auch als Hinweis auf Aufzeichnungen, die in der Erde begraben worden waren und eines Tages ans Licht treten würden. Der gesamte Zusammenhang zwischen Jesaja 29 und den Völkern des Buches Mormon werden im 2 Nephi Kapitel 26-29 erörtert (vgl. Morm. 8:23-26).
DAS ERSCHEINEN DER BERICHTE. Ein Teil der goldenen Tafeln waren versiegelt, als Joseph Smith sie in Empfang nahm. Jesaja sprach von „Worte in einem versiegelten Buch“, die einem gelehrten Menschen (Jesaja 29:11) gezeigt werden würden. Nach Ansichten Heiliger der Letzten Tage war dieser „gelehrte Mensch“ Charles Anthon, Professor am damaligen Columbia College in New York City, der jene Voraussagung erfüllt haben soll; und „die Worte in einem Buch“ sollen sich auf das sogenannte „Anthon Transkript“ beziehen. Das Buch, von dem hier die Rede ist, sollte jedoch jemand anders überreicht werden, der schlichtweg sagen würde, „Ich bin nicht gelehrt,“ und der es danach durch die Macht Gottes übersetzen würde. Dieser Mensch war Joseph Smith.
Jesaja sah auch voraus, wenn das Buch erscheinen würde, dass „des Menschen Herz fern von Gott sein würde“ (Luther, Jes. 29:13). In diesem Milieu würde Gott sein „wunderbares und seltsames Werk“ hervorbringen, so dass „die Weisheit seiner Weisen untergehe, und der Verstand seiner Klugen verblendet werde,“ während die Demütigen „wieder Freude haben am Herrn“ und „die Armen unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels“ (Luther,Jes. 29:14, 19). Derweil kommen „die verwirrt waren zur Einsicht, und wer aufsässig war, läßt sich belehren“ (Jes. 29:22-24; vgl. 2 Nephi 27:6-26).
ZWEI BERICHTE. Ferner prophezeite Ezechiel betreffs der beiden Berichte – Josephs oder Ephraims (das Buch Mormon) und Judas (die Bibel) – dass sie in den letzten Tagen eins werden und als Instrument des Herrn sein Volk um ihn versammeln würden. (Eze. 37:15-22; vgl. 2 Ne. 3:11-12; Siehe Ezechiel, Prophezeiungen des; Israel, die Sammlung Israels).
Als Ezechiel von den „Hölzern“ – in aller Wahrscheinlichkeit wachsbedeckte Holztafeln – sprach, wollte er, den Heiligen der Letzten Tage gemäß, dem Menschen das Mittel vor Augen führen, wie Gott in den letzten Tagen seine Kinder zusammführen würde, ebenso wie er sinnbildlich die Sammlung das Volk Gottes mit dem Konzept der Auferstehung veranschaulichte, ein Thema was im 34. bis 37. Kapitel aufzufinden ist. So wie Körper in der Auferstehung zusammgefügt werden, so wird Israel durch seine Sammlung wiederhergestellt werden; die einstmals getrennten Völker werden wieder vereint sein (Eze. 37:1-14). Somit galt das 1830 veröffentlichte Buch Mormon als Zeichen dafür, dass die unterteilten Stämme Israels wieder eins in der Hand Gottes werden würden und dass Gottes Werk in der End-Zeit seinen Anfang gemacht hat (Eze. 37:21-28; vgl. 1 Ne. 13:34-41; 3 Ne. 20:46, 21:11).
BIBLIOGRAPHIE
McConkie, Bruce R. A New Witness for the Articles of Faith, pp. 422-58. Salt Lake City, 1985.
Meservy, Keith H. "Ezekiel's Sticks and the Gathering of Israel." Ensign 17 (Feb. 1987):4-13.
Robison, Parley Parker, comp. Orson Pratt's Works on the Doctrines of the Gospel, pp. 269-84. Salt Lake City, 1945.
KEITH H. MESERVY