Mindestens 15 verschiedene Gruppen von Leuten werden im Buch Mormon erwähnt. Vier (Nephiten, Lamaniten, Jarediten und das Volk von Zarahemla [Mulekiten]) spielten eine wichtige Rolle. Fünf rangierten an zweiter Stelle, und sechs weitere an dritter Stelle.
NEPHITEN. Der Kern dieser Gruppe bestand aus direkten Nachkommen von Nephi dem Ersten, dem Sohn des Gründervaters Lehi. Die politische Führerschaft innerhalb des nephitischen Teils der Kolonie wurde „niemandem übertragen als nur demjenigen, der ein Abkömmling Nephis war“ (Mosia 25:13). Nicht nur die frühen Könige und Richter, sondern auch der letzte Militärkommandant der Nephiten, Mormon, fallen in diese Gattung (er bemerkt ausführlich, dass er „ein reiner Abkömmling Lehis“ [3 Ne. 5:20] und „ein Abkömmling Nephis“ war [Morm. 1:5]).
In weiterem Sinne wurde der Name „Nephiten allen jenen gegeben, die von einem nephitischen Herrscher regiert wurden, wie in Jakob 1:13: „Diejenigen nun, die nicht Lamaniten waren, die waren Nephiten; doch sie wurden [wenn sie nach Abstammung eingeordnet wurden] Nephiten, Jakobiten, Josephiten, Zoramiten, Lamaniten, Lemueliten und Ischmaeliten genannt“. Es ist interessant festzustellen, dass Gruppen ohne direkte Verwandtschaftsverbindungen unter den soziopolitischen Gesamtbegriff Nephiten fallen konnten. So „wurde das ganze Volk Zarahemla zu den Nephiten gezählt“ (Mosia 25:13). Dieser Vorgang der politischen Mischung hatte in vielen Fällen verwandtschaftliche Untertöne, zum Beispiel als eine Gruppe bekehrter Lamaniten „den Namen Nephi auf sich nahmen, damit ... sie zu denjenigen zählen würden, die man Nephiten nannte“ (Mosia 25:12). Der merkwürdige Ausdruck „das Volk der Nephiten“ an solchen Stellen wie Alma 54:14 und Helaman 1:1 deutet eine Sozialstruktur an, in der möglicherweise verschiedene Bevölkerungen („das Volk“) von einer Elite („den Nephiten“) kontrolliert wurden.
Ein Nephite zu sein, bedeutete auch religiöse Glaubensgrundsätze und Praktiken zu befolgen (Alma 48:9-10, 4 Ne. 1:36-37) und an einer kulturellen Tradition (Enos 1:21, He. 3:16) teilzunehmen. Die meisten Nephiten konnten anscheinend von den Lamaniten körperlich unterschieden werden (Jakob 3:5, Alma 55:4, 8, 3 Ne. 2:15).
Die soziokulturelle und politische Einigkeit, die durch den Gebrauch des allgemeinen Titels Nephiten angedeutet wird, erhält in dem historischen Bericht seine Bestätigung, der eine lange Reihe an „Meinungsverschiedenheiten“ innerhalb und in Bezug auf die Nephitenherrschaft bestätigt, wobei große Anzahlen von Zeit zu Zeit fortgingen, um sich den Lamaniten anzuschließen (Alma 31:8, 43:13, He. 1:15).
Das Buch Mormon-eine religiös orientierte Abstammungsgeschichte-ist hauptsächlich ein Bericht von Ereignissen, der von den Nephiten geführt wurde und sich um sie dreht. Da der Bericht aus der Sicht dieses Volkes geschrieben wurde (eigentlich seiner Führer), werden alle anderen Gruppen vom Standpunkt der nephitischen Eliteschichten aus verstanden und repräsentiert. Von dem nephitischen Bericht, der direkt die Perspektive anderer Gruppen oder sogar der gewöhnlichen Nephiten aufzeigt, sind nur Fragmente erhalten.
LAMANITEN. Auch dieser Name wurde auf verschiedene Weisen angewandt. Direkte Nachfahren von Laman, Lehis ältestem Sohn, machten das Rückgrat der Lamaniten im weiteren Sinne aus (Jakob 1:13-14, 4 Ne. 1:38-39). Die „Lemueliten“ und „Ischmaeliten“, die sich mit den Abkömmlingen Lamans in Glaubens- und Verhaltensfragen verbündeten, wurden ebenfalls Lamaniten genannt (Jakob 1:13-14). So waren dies „alle Personen, die sich von den Nephiten abgespalten hatten“ (Alma 47:35). Diese Ausdrucksweise wurde in dem nephitischen Bericht verwendet, obwohl man nicht sicher sein kann, ob alle Abtrünnigen diesen Ausdruck auf sich selbst anwandten. Jedoch prahlte zumindest ein solcher Abtrünniger, ein Zoramit namens Ammoron: „Ich bin ein unerschrockener Lamanit“ (Alma 54:24).
Den Herrschern unter dem lamanitischen System scheint es schwerer als den nephitischen Herrschern gefallen zu sein, Untergruppen der Gesellschaft in ein umfassendes Gemeinwesen zusammenzuschließen (Alma 17:27-35, 20:4, 7, 9, 14-15, 47:1-3). Sie scheinen sich mehr auf Charisma oder Zwang verlassen zu haben als auf gemeinsame Traditionen, Ideale oder ein Beamtensystem. Ob die Regel bestand, dass Lamanitenkönige Abkömmlinge von Laman sein mussten, ist unklar. Anfang des zweiten Jahrhunderts vor Christus wurden zwei aufeinander folgende Lamanitenkönige Laman genannt (Mosia 7:21, 24:3). Da diese Benennung über eine kulturelle Grenze hinaus durch einen Schriftführer der Nephitenkultur interpretiert wurde, besteht die Möglichkeit, dass „Laman“ wirklich ein Titel oder Amt war, auf dieselbe Art und Weise, wie die Nephitenkönige den Titel „Nephi“ trugen (Jakob 1:9-11). Später allerdings wird Lamoni, ein lokaler lamanitischer Herrscher, als „Abkömmling Ischmaels“ und nicht Lamans (Alma 17:21) beschrieben. Und sein Vater, der König über das gesamte Land Nephi war (ursprünglich eine Heimat der Nephiten, aber während eines Großteils der restlichen Geschichte im Buch Mormon durch die Lamaniten übernommen und besetzt), hätte demnach dieselben Vorfahren gehabt. Falls eine Regel bestand, dass Lamans Abkömmlinge den Thron erbten, wurde diese offensichtlich nicht konsequent angewandt. Außerdem erlangten Amalikkja und sein Bruder, beides nephitische Abtrünnige, den lamanitischen Thron und beanspruchten Legitimität (Alma 47:35, 52:3).
Wiederholt wird erwähnt, dass die Lamaniten bei weitem zahlreicher waren als die Nephiten (Jarom 1:6, Mosia 25:3, He. 4:25). Diese Tatsache scheint vielleicht im Widerspruch zu deren früher nephitischen Bezeichnung als wilde Jäger zu stehen, die normalerweise viel mehr Land pro Person erforderten als Bauern (Enos 1:20, Jarom 1:6). Der Ausdruck „Volk der Lamaniten“ (Alma 23:9-12) sagt vielleicht aus, dass die lamanitische Elite eine ungleichartige Bauernschaft beherrschte.
Die wenigen direkten Einblicke, die die Geschichte der Nephiten auf die Lamaniten gestattet, deuten auf ein Niveau, das weit über eine „barbarische“ Kultur hinausgeht, obwohl sie sicher nicht so gehoben war wie die „Zivilisation“, die die Nephiten angeblich besaßen. Möglicherweise ergab sich ihre Kultiviertheit zu einem gewissen Grad aus dem Einfluss der nephitischen Abtrünnigen unter ihnen (siehe Mosia 24:3-7). Anscheinend erwiesen sich einige Lamaniten als begabte Lerner von dieser Quelle. Darüber hinaus werden jene, die durch nephitische Missionare belehrt worden waren und sich zu der prophetischen Religion bekehrt hatten, gewöhnlich als beispielhaft beschrieben (Alma 23:5-7, 56, He. 6:1).
DAS VOLK VON ZARAHEMLA (MULEKITEN). Im dritten Jahrhundert vor Christus, als der nephitische Führer Mosia I und sein Gefolge vom Land Nephi hinunter zum Fluss Sidon zogen, „entdeckten sie ein Volk, das das Volk Zarahemla genannt wurde“ (Omni 1:13-14), weil ihr Herrscher diesen Namen trug. Dieses Volk bestand aus Nachfahren einer Gruppe, die vor der babylonischen Eroberung Jerusalems im Jahre 586 vor Christus geflohen war. Unter ihnen befand sich ein Sohn des jüdischen Königs Zedekia namens Mulek. Daher bezeichnen Heilige der Letzten Tage Abkömmlinge dieser Gruppe von Leuten oft als Mulekiten, obwohl das Buch Mormon diesen Ausdruck nie benutzt. Als sie von den Nephiten um 200 vor Christus entdeckt wurden, war dieses Volk „äußerst zahlreich“, wenn auch aufgrund von Analphabetentum und Kriegen kulturell degeneriert (Omni 1:16-17). Der nephitische Bericht besagt, dass die kombinierte Bevölkerung Mosia als König willkommen hieß.
Mosia fand heraus, dass das Volk von Zarahemla den letzten bekannten überlebenden Jarediten kurz vor seinem Tod entdeckt hatte. Auf diese Weise oder durch nicht erwähnte Überlebende scheinen Elemente der Jareditenkultur durch das Volk von Zarahemla zu den Nephiten gebracht worden zu sein (CWHN 5:238-47). Die Tatsache, dass das Volk von Zarahemla eine Sprache sprach, die den Nephiten unverständlich war, deutet weiter auf eine ethnische Zusammensetzung hin, die vielfältiger war, als der kurze Text, der nur einen jüdischen Ursprung nahelegt.
Die Mulekiten werden später nur selten erwähnt, wahrscheinlich weil sie durch und durch mit der eklektischen Nephitengesellschaft verschmolzen (Mosia 25:13). Jedoch griff selbst noch 51 vor Christus ein lamanitischer Verbündeter, der ein Nachkomme von König Zarahemla war, an und gewann kurz Kontrolle über die Hauptstadt der Nephiten (He. 1:15-34).
JAREDITEN. Dieses Volk wird im Buch Mormon am frühesten erwähnt und nahm seinen Ursprung in Mesopotanien beim „großen Turm“, der in Genesis 11 erwähnt ist. Von dort aus reiste ein Gruppe von wahrscheinlich acht Familien unter göttlicher Führung nach Amerika.
Der vorhandene Bericht ist eine durch Moroni II, dem letzten Hüter der nephitischen Aufzeichnungen, gefertigte Zusammenfassung einer von Ether, dem letzten jareditischen Propheten, um das erste Jahrtausend vor Christus herum auf goldenen Tafeln geschriebenen Geschichte. Der Bericht wurde durch Ether, Moroni II und Mosia II (Mosia 28:11-17) und durch die Notwendigkeit der Kürze geformt. Die Erzählung deckt in knapper Form mehr als zwei Jahrtausende in der Geschichte der Jarediten. Das meiste davon bezieht sich auf nur eine der acht Abstammungslinien, und zwar die von Jared. Es war die herrschende Linie, zu der Ether gehörte. Daher kommt der Name Jarediten (siehe Buch Mormon Tafeln und Berichte).
Schließlich entwickelte sich eine blühende kulturelle Tradition (Ether 10:21-27), obwohl es manchmal schwierig gewesen zu sein scheint, eine lebensfähige Bevölkerung aufrecht zu erhalten (Ether 9:30-34, 11:6-7). Zum Schluss berichtete der Prophet Ether als Augenzeuge von Millionen von Opfern in einem Ausrottungskrieg (Ether 15:2). Das Volk Zarahemla traf vor 200 v. Chr. auf nur einen einzigen Überlebenden, Koriantumr, den letzten König, obwohl es einleuchtet, dass mehrere abgeschiedene Gruppen auch überlebt und sich, ohne dass Historiker es bemerkten, mit den nachfolgenden Mulekiten und Lamaniten verschmolzen haben könnten.
SEKUNDÄRGRUPPEN. Dieselben sieben Abstammungsgruppen werden unter Lehis Nachfahren zu Anfang des nephitischen Berichts und nochmals 900 Jahre später erwähnt (Jakob 1:13, Morm. 1:8). Jede war nach einem Vorfahren in der ersten Generation benannt und bestand angeblich aus seinen Abkömmlingen. Unter den Nephiten gab es vier: die eigentlichen Nephiten, Jakobiten, Josephiten und Zoramiten. Innerhalb der Lamanitenfaktion schlossen sich die Lemueliten und Ischmaeliten Lamans eigenen Nachfahren an. Diese Unterteilung verschwand nach dem Erscheinen Jesu Christi im Land Überfluss (es gab weder „Lamaniten noch sonst irgenwelche –iten“ [4 Ne. 1:17]). Aber diese Abstammung war nicht vergessen, denn die alten Abstammungslinien erschienen später wieder (4 Ne. 1:20, 36-37). Vielleicht war Folgendes passiert: Einige der öffentlichen Funktionen, die die Gruppen erfüllt hatten, wurden mehrere Generationen lang von der christlichen Kirche, der sie sich alle angeschlossen hatten, übernommen. Wenn man es mit Sozialsystemen in verwandten Ländern vergleicht, ist es möglich, dass die Zugehörigkeit zu diesen sieben Gruppen die Gattenwahl und das Erben von Grundbesitz, und vielleicht auch den Wohnsitz, bestimmte (Alma 31:3). Die Lemueliten hatten anscheinend ihre eigene Stadt (Alma 23:12-13), und die Abstammung bestimmte, wo die Nephiten und das Volk Zarahemla während der politisch-religiösen Versammlung von Mosia II saßen (Mosia 25:4, siehe weiter 25:21-23). Solche Funktionen mögen auch von Gruppen außerhalb der sieben Linien erfüllt worden sein.
Die sieben Abstammungsgruppen kann man wie im 3. Nephi 7:2-4 als „Stämme“ bezeichnen. Unmittelbar vor der Naturkatastrophe, die die Kreuzigung Jesu Christi signalisierte, brach die gesellschaftliche Einheit der Nephiten zusammen, und sie „teilten sich in Stämme, ein jeder gemäß seiner Familie und seiner Verwandtschaft und seinen Freunden…und darum wurden ihre Stämme überaus groß“ (3 Ne. 7:2-4).
Die Jakobiten werden unter den drei Sekundärvölkern unter den Nephiten immer als erste angeführt. Sie waren Abkömmlinge von Nephis jüngerem Bruder Jakob. Über sie als Gruppe ist nichts Weiteres bekannt, als dass sie politisch und kulturell gesehen zu den Nephiten gezählt wurden. Da Jakob unter seinem Bruder Nephi als König selber Hoherpriester war und da er und seine Nachfahren, beginnend mit Nephi, die religiösen Aufzeichnungen führten, ist es möglich, dass die Jakobiten als Abstammungsgruppe einige besondere Priestertumsverantwortungen trugen.
Die Josephiten sollen angeblich Nachfahren von Joseph, Nephis jüngstem Bruder, gewesen sein. Der Text schweigt über jegliche Unterscheidungsmerkmale.
Die Zoramiten stammten von Zoram ab. Er war Labans Diener und hatte sich unter Druck bereit erklärt, sich nach dem Mord an Laban in Jerusalem Lehis Gruppe anzuschließen (1. Ne. 4:31-37). Die Zoramiten werden sowohl früh als auch spät in dem Bericht (Jakob 1:13 und 4. Ne. 1:36) zusammen mit Nephis Nachfahren aufgeführt, obwohl um 75 v. Chr. herum wenigstens einige von ihnen eine Zeit lang abtrünnig waren und sich der Lamanitenallianz anschlossen (Alma 43:4). Da sie damals „ernannte Hauptleute“ über die Lamanitenarmeen waren (Alma 48:5), haben sie vielleicht vorher eine formelle militärische Rolle unter den Nephiten gespielt. Ein Grund für ihren Bruch mit den Nephiten war anscheinend die Erinnerung daran, was ihren Urvätern geschehen war: Ammoron, ein Abtrünniger von den Nephiten und König der Lamaniten im ersten Jahrhundert vor Christus, erinnerte sich: „Ich bin ...ein Abkömmling von Zoram, den eure Väter genötigt und aus Jerusalem geführt haben“ (Alma 54:23).
Während ihrer Abtrünnigkeit wurde ihr Gottesdienst, der als götzenhaft, aber dennoch an einen Gott aus Geist gerichtet beschrieben wird, in „Synagogen“ durchgeführt, aus denen die Reichen die Armen vertrieben (Alma 31:1, 9-11, 32:5). Ihre Praktiken unterschieden sich von sowohl der Art der Nephiten als auch dem Gesetz des Mose (Alma 31:9-12). Kurz nach den Zeichen, die die Geburt Christi begleiteten, und fast acht Jahre, nachdem ihre Trennung von den Nephiten das erste Mal erwähnt wird, waren diese Zoramiten immer noch abtrünnig und verleiteten naive Nephiten mittels „Lügen“ und „Schmeichelreden“ (3 Ne. 1:29) dazu, sich den Gadiantonräubern anzuschließen. Doch waren sie zwei Jahrhunderte später wieder unter den Nephiten (4 Ne. 1:36).
Die Liste sekundärer Völker unter den Lamaniten beginnt mit den Lemueliten. Angeblich waren sie die Abkömmlinge von Lehis zweitältestem Sohn Lemuel. Von der Gruppe wird nichts als getrennte Einheit erwähnt, außer dass sie routinemäßig als Feinde der Nephiten aufgeführt wurden (Jakob 1:13-14; Morm. 1:8-9), obwohl eine „Stadt Lemuel“ in Alma 23:12 erwähnt wird.
Die Ischmaeliten waren Abkömmlinge des Schwiegervaters von Nephi und seinen Brüdern (1 Ne. 7:2-5). Wieso Ischmaels Söhne (1 Ne. 7:6) nicht ihre eigenen Stammeslinien gründeten, wird nirgendwo erklärt. Wie bei den anderen Sekundärgruppen gibt es auch bei den Ischmaeliten wenig, womit man sie charakterisieren kann. Zu einem Zeitpunkt nahmen sie ein bestimmtes Land Ischmael innerhalb des größeren Landes Nephi ein, wo einer von ihnen, nämlich Lamoni, herrschte (Alma 17:21).
Auf irgendeine Weise hatten (im ersten Jahrhundert vor Christus) die Ischmaeliten bis zur Zeit Ammons und seiner Mitmissionare den Thron über das gesamte Land Nephi und auch die Königsherrschaft über einige Teilkönigreiche erlangt. (Alma 20:9 sagt, dass der König des Gesamtreiches andeutet, dass Lamonis Brüder ebenfalls Herrscher waren.) Trotzdem trug der König die bekannte lamanitische Litanei von Beschwerden darüber vor, wie Nephi in der ersten Generation „unsere Väter ihres Herrschaftsrechts beraubt“ hatte (Alma 20:13). Anscheindend war er ein kulturell loyaler Lamanite, wenn auch von einer geringeren Abstammungslinie.
Die letzte bekannte Information über die Ischmaeliten und Lemueliten ist ihre Anwesenheit in den kombinierten Armeen, die zu Mormons Lebzeiten gegen die Nephiten kämpften (Morm. 1:8). Angeblich waren ihre Truppen an dem letzten Gemetzel der Nephiten bei Cumorah beteiligt.
TERTIÄRGRUPPEN. Sechs weitere Gruppen können als Völker gelten, selbst wenn sie nicht so gut die Zeiten überdauert haben wie die sieben Stammeslinien.
Als erstes wird das Volk von Zeniff (Zeniffiten) beschrieben. Zeniff, ein Nephit, hatte etwa ein halbes Jahrhundert nach Mosia zuerst das Volk und Land Zarahemla entdeckt und führte eine Gruppe aus Zarahemla heraus, die gern „das Land Nephi oder das Land, das unsere Väter zuerst ererbt hatten“, wieder besiedeln wollten (Mosia 9:1). Zuerst wurden sie dort von den Lamaniten willkommen geheißen. Aber mit der Zeit sahen sie sich gezwungen, ihren Herrschern hohe Steuern zu zahlen. Ein langer Abschnitt über sie im Buch Mosia (Mosia 9- 24) beschreibt ihre dramatischen weltlichen und geistigen Erfahrungen über drei Generationen, bis sie wieder nach Zarahemla entfliehen konnten. Dort wurden sie wieder Nephiten, obgleich sie vielleicht einen gewissen Grad an territorialer und religiöser Autonomie als eine der „sieben Kirchen“ beibehielten (Mosia 25:23).
Zwei Gruppen splitterten vom Volk von Zeniff ab. Das Volk Alma des Ersten bestand aus religiösen Flüchtlingen, die an die Worte des Propheten Abinadi glaubten und vor der Unterdrückung und Schlechtigkeit unter König Noa, dem zweiten König in Zeniff (Mosia 18, 23- 24), flohen. Sie zählten an die Hunderte und hielten ihren unabhängigen sozialen und politischen Status für weniger als 25 Jahre aufrecht, bevor sie der lamanitischen Kontrolle entkamen und ins Territorium der Nephiten zurückkehrten, wo sie die „Kirche Gottes“ in Zarahemla aufbauten (Mosia 25:18). Aber bald darauf verschwanden sie als identifizierbare Gruppe in dem Bericht.
Das zweite Fragment der Zeniffiten begann, als die Priester König Noas, angeführt von Amulon, in die Wildnis flohen, um der Hinrichtung durch ihre rebellischen Untertanen zu entrinnen. Auf ihrer Flucht entführten sie lamanitische Frauen und machten sie zu ihren Ehefrauen. So begründeten sie die Amuloniten in einem Land, wo sie ihre eigene Version der Nephitenkultur aufbauten (Mosia 24:1). Mit der Zeit nahmen sie die religiöse „Ordnung Nehors“ (siehe unten) an, rissen die politische und militärische Führerschaft an sich und „stachelten“ die Lamaniten dazu auf, die Nephiten anzugreifen (Alma 21:4, 24:1-2, 25:1-5). Sie und die Amalekiten (siehe unten) halfen den Lamaniten eine Stadt namens Jerusalem im Land Nephi aufzunehmen. Wenn man den kurzen Aussagen der Nephiten Glauben schenken will (Mosia 12-13, Alma 21:5-10), betrachteten sich sowohl die Amuloniten als auch die Amalekiten als Verteidiger eines Glaubenssystems, das auf dem Alten Testament basierte. Dies erklärt zweifellos, warum sie die Stadt so genannt haben.
Eine der frühesten Gruppen von nephitischen Abtrünnigen waren die Amalikkjaiten. Der ehrgeizige Amalikkja, ein Jünger Nehors, berief sich wahrscheinlich auf seine hohe Abkunft (Alma 51:8), scharte eine große Anzahl von Nachfolgern um sich und stellte das innovative nephitische Regierungssystem mit Richtern in Frage, das von Mosia II eingerichtet worden war. Amalikkja wollte König werden. Als sein Ziel „von der Stimme des Volkes“ abgelehnt wurde, plante er einen Angriff. Zusammen mit den Lamaniten hätte er fast Zarahemla, die Hauptstadt der Nephiten, eingenommen. Treuen Truppen unter Alma II gelang es schließlich, den Feind zu zerstören und zu zerstreuen (Alma 2:1-31). Amalikkja wurde erschlagen, aber das Schicksal seiner Streitkräfte ist unklar. Wahrscheinlich gingen bestimmte Elemente unter ihnen mit der besiegten Lamanitenarmee ins Land Nephi. Der Name Amalikkjaiten tritt danach nicht mehr auf.
Eine weitere Gruppe nephitischer Abtrünniger, die Amalekiten, lebten im Land Nephi (Alma 21:2-3, 43:13). Ihr Ursprung wird nirgendwo erklärt. Jedoch ist es aufgrund der Namen und Daten möglich, dass sie den Überrest der Amalikkjaiten ausmachten, die früher erwähnt wurden. Ihr neuer Name ergab sich möglicherweise aus der „Lamanitisierung“ des Originals. Sie waren besser bewaffnet als gewöhnliche Lamaniten (Alma 43:20) und wurden, wie einige Zoramiten, innnerhalb der Lamanitenarmee aufgrund ihrer „schlechteren und blutdürstigeren Einstellung“ zu Militärführern ernannt (Alma 43:6). Aus dem Bericht der nephitischen Missionare erfahren wir, dass sie an einen Gott glaubten (Alma 22:7). Viele von ihnen gehörten wie die Amalikkjaiten zur religiösen Ordnung der Nehorer und bauten Heiligtümer oder Synagogen, wo sie Gottesdienste abhielten (Alma 21:4, 6). Wie die Amuloniten weigerten sie sich hartnäckig, die orthodoxe Religion der Nephiten anzunehmen (Alma 23:14). Stattdessen glaubten sie, dass Gott alle Menschen erretten würde. Nur etwa 15 Jahre vergehen von der Zeit an, als sie das erste Mal erwähnt werden, bis zu dem letzten Mal, das sie erwähnt werden.
Während einer 14jährigen Mission im Land Nephi bekehrten die Nephitenmissionare Ammon und seine Brüder viele Lamaniten (Alma 17- 26). Ein Lamanitenkönig, Lamoni, der zu diesen Bekehrten gehörte, gab den lamanitischen Bekehrten den Namen Anti-Nephi-Lehier. Dieses Volk unterschied sich deutlich durch sein zähes Festhalten am Evangelium Jesu Christi, einschließlich besonders der Ermahnungen des Heilands, seine Feinde zu lieben und sich dem Bösen nicht zu widersetzen (3 Ne. 12:39, 44, Mt. 5:39, 44). Ammon behauptete, dass dieses Volk die Nephiten an christusähnlicher Liebe übertraf (Alma 26:33). Nach ihrer Bekehrung, so heißt es im Buch Mormon, „hatten sie nicht mehr den Wunsch, Böses zu tun“ (Alma 19:33) und „sie kämpften nicht gegen Gott, auch nicht gegen irgendeinen ihrer Brüder“ (Alma 23:7). Vorher hatten sie Menschenblut vergossen, aber sie legten als gesamtes Volk ein Gelübde ab, niemals wieder andere Menschen zu töten (Alma 24:6) und vergruben sogar alle ihre Waffen (Alma 24:17). Sie verteidigten sich nicht, als sie von den Lamaniten angegriffen wurden, und 1005 von ihnen wurden getötet (Alma 24:22). Ammon drängte die verletzlichen Anti-Nephi-Lehier ins Nephitenterritorium zu fliehen. Unter den Nephiten wurden sie als das Volk Ammon bekannt (oder Ammoniten, siehe Alma 56:57). Sie verblieben schließlich an einem getrennten Ort innerhalb der nephitischen Ländereien im Land Jerschon (Alma 27:26). Später zogen sie in großen Scharen ins Land Melek (Alma 35:13), wo von Zeit zu Zeit andere lamanitische Flüchtlinge zu ihnen stießen.
Einige Jahre später sandte das Volk von Ammon, mit dem Wunsch der nephitischen Armee zu helfen ihr Land zu verteidigen, aber nicht willens ihren Schwur zu brechen (Alma 53:13), 2.000 ihrer willigen Söhne als Soldaten, weil ihre Söhne nicht den Verzicht auf Gewalt geschworen hatten, wie es die anderen getan hatten. Diese „zweitausend jungen Krieger“ (Alma 53:22) wurden als die Söhne Helamans bekannt. Helaman war ihr nephitischer Führer und war sehr erfolgreich im Krieg (Alma 56:56). Obwohl sie alle verwundet wurden, starb keiner von ihnen. Diese bemerkenswerte Segnung wird „der wundertätigen Macht Gottes, wegen ihres überaus festen Glaubens“ zugeschrieben (Alma 57:26, siehe weiter 56:47).
Gemäß Helaman 3:11 wanderten eine Generation später einige aus dem Volk von Ammon in „das Land nordwärts“. Das ist der letzte Eintrag von ihnen im Buch Mormon.
ANDERE GRUPPEN. Zu den anderen Gruppen, die im Buch Mormon erwähnt werden, gehören die weitverbreiteten geheimen Kombinationen oder „Räuber“. Allerdings sind diese Gruppen keine „Völker“, sondern Verbindungen, denen sich einzelne anschließen oder die sie aus freien Stücken verlassen konnten.
Eine weitere Gruppe, die „Ordnung des Nehor“, war ein Kult mit der zentralen Idee, dass Priester bezahlt werden sollten und dass Gott alle Menschen erretten würde. Sie waren nicht wirklich ein „Volk“ im technischen Sinne-der Ausdruck setzt eine biologische Kontinuität voraus, die einem Kult fehlt.
Die Bewohner separater Städte wurden auch manchmal Völker genannt. Lokale Glaubensvorstellungen und Sitten unterschieden sie zweifellos voneinander, aber unzureichende Details verbieten es, Einheiten dieser Größenordnung zu beschreiben.
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JOHN L. SORENSON