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SPRACHEN IM BUCH MORMON

Die Sprache des Buches Mormon weist Merkmale auf, die für eine Übersetzung  Nahöstlicher Urtexte typisch sind, sowohl als auch Spracheigenschaften, die das Buch mit dem Englisch des neunzehnten Jahrhunderts und dem Stil der King-James-Version (KJV) der Bibel gemein hat.  Dass die Sprache des Buches Mormon dem der KJV ähnelt, sollte offensichtlich sein, da im Zeitalter von Joseph SMITH die KJV das meist verbreiteste und gelesenste Buch Amerikas war und als Standard der religiösen Sprache der englischsprachigen Bevölkerung galt (Siehe CWHN 8:212-18).  Darüber hinaus verzeichnet das Buch Mormon weitere Affinitäten mit der KJV: Beide beinhalten Werke israelitscher Propheten voralters und teilhafte Berichte vom  Wirken Jesu Christi; beide sind ins Englische übersetzte Bücher und beide wurden dazu bestimmt „eins“ in Gottes Hand zu sein – eine Sammlung seiner Worte an seine Kinder (Ezek. 37:16-17; 1 Ne. 13:41; LuB 42:12).

DIE SPRACHEN UNTER DEN NEPHITEN.  Gewisse Aussagen im Buch Mormon über seine ursprünglichen Sprachen haben unterschiedliche Ansichten erzeugt. Ungefähr 600 Jahre v. Chr. schrieb Nephi1 – der erste Schreiber im Buch Mormon, der in JERUSALEM aufgewachsen war – „Ja, ich mache einen Bericht in der Sprache meines Vaters, die aus dem Wissen der Juden und der Sprache der Ägypter besteht“ (1 Ne. 1:2).  Eintausend Jahre später schrieb der letzte nephitische Prophet, MORONI 2, über die TAFELN seines Vaters Mormon, „Nun siehe wir haben diesen Bericht geschrieben...in der Schrift , die wir unter uns das reformierte Ägyptisch nennen, die überliefert und von uns gemäß unserer Sprechweise abgeändert wurde. Und wenn unsere Tafeln (aus Metall gefertigte Blattseiten) groß genug gewesen wären, so hätten wir Hebräisch geschrieben; aber auch das Hebräische ist von uns abgeändert worden... aber der Herr weiß ... dass kein Volk unsere Sprache kennt“ (Mormon 9:32-34).  Angesichts dieser Schriftstellen ist ersichtlich, dass die nephitischen Schreiber Hebräisch und ein wenig Ägyptisch kannten.  Man weiß allerdings nicht ob Nephi, Mormon oder Moroni Hebräisch mit modifizierten ägyptischen Schriftzeichen geschrieben haben.  Auch weiß man nicht, ob sie ihren Bericht in ägyptischer Sprache mit ägyptischer Schrift auf Tafeln eingravierten, oder ob Nephi in einer Sprache und Mormon und Moroni quasi neunhundert Jahre später in einer anderen Sprache ihre Eingravierungen machten. Das Erwähnen einer Schrift, die als „reformiertes Ägyptisch“ bezeichnet wurde, befürwortet zwar die Hypothese eines Hebräischen, welches mit ägyptischen Schriftzeichen angewandt wurde, ist aber noch nicht beweiskräftig genug und verbleibt Nephis Äußerung nach (1. Ne. 1:2), in Verbindung mit den vorstehend genannten Ansichten, zweideutig.

Anscheinend hielten sich die nephitischen Schreiber bei ihrer Tätigkeit ein Schreibmuster vor Augen: die sogenannten „Tafeln aus Messing“.  Diese Messingtafeln waren ein Bericht, der biblische Texte beinhaltete, die um 600 Jahre v.Chr. zusammengestellt worden waren, und die Eigentum der Nachkommen des JOSEPH VON ÄGYTEN gewesen waren (1 Ne. 5:11-16).  Kleinere Teile dieser Aufzeichnungen sind wahrscheinlich auf Ägyptisch geschrieben worden, da Lehis Kenntnisse – Lehi ist der Vater von Nephi – in „der Sprache der Ägypter“  ihn dazu befähigten, jene „Eingravierungen lesen zu können“ (Mosiah 1;2-4).  Ob man von Ägyptisch, oder Hebräisch in ägyptischer Schrift Gebrauch machte, bleibt allerdings unklar.  Tatsache ist, dass Ägyptisch weit und breit im Umgang war.  Da aber poetische Schriften, weil sie oft als heilig galten und ihre Übersetzungen deswegen nicht tendenzfrei waren, und weil Hebräisch die Sprache der Israeliten des siebten Jahrhunderts war, wäre es z. B. für die Aufzeichnungen Jesajas und Jeremias – zum großen Teil auf den Tafeln aus Messing bewahrt (1 Ne. 5:13; 19:23) – nicht sinnvoll gewesen, sie aus dem Hebräischen in eine weitere Fremdsprache zu jenem frühen Zeitpunkt zu übersetzen.  Dementsprechend sind Kombinationen hebräischer Stücke in hebräischer Schrift, ägyptischer Stücke in ägyptischer Schrift, und hebräischer Stücke in ägyptischer Schrift möglich. Sollten die Messingtafeln schon während der Zeit, wo die Israeliten noch in Ägypten lebten, zustande gekommen sein, dann würden frühere Teile (wie z.B. die Prophezeiungen Josephs) in ägyptischer Schrift und spätere Teile (z.B. die Worte Jeremias) auf Hebräisch geschrieben worden sein. Im Hinblick auf die Zusammenstellung des Buches Mormon erläutert Mormon 9:33, dass die Raumbeschränkung auf den  TAFELN AUS GOLD den Gebrauch ägyptischer anstatt hebräischer Schriftzeichen diktierte.  Zu Zeiten Lehis wurden Hebräisch und Ägyptisch nur mit Konsonanten geschrieben.  Im Gegensatz zum Hebräischen hat das Ägyptische doppelt- und dreier-konsonantale Zeichen.  Der Gebrauch solcher Zeichen – besonders in einem modifizierten Format –  würde demnach Raum einsparen.  Die schrifliche Sprache wurde unter den Nephiten weitergegeben und der mündlichen Sprache gemäß umgeändert (Mormon 9:32).  Diese Erkenntnis spricht dafür, dass zumindest spätere Generationen der Nephiten ägyptische Schriftzeichen benutzten,um ihrer gegenwärtigen mündlichen Sprache, die ein modifiziertes Hebräisch war, Ausdruck zu verleihen. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ein Volk, dessen gleichzeitiger Kontakt mit beiden Sprachen unmöglich geworden war, Unterschiede im Gesprächstil, geschweige die Geläufigkeit einer Sprache, über eintausend Jahre hinweg in beiden Sprachen hätte aufrecht erhalten können.  Demzufolge sollten ägyptische Schriftzeichen der fortschreitenden Metamorphose einer lebendigen Sprache gemäß abgeändert worden sein, dann benutzten die Nephiten wahrscheinlich solche Schriftzeichen um ihre mündliche Sprache, die hauptsächlich aus Hebräisch bestand, niederzuschreiben.

Obschon möglich, dass einige in Lehis Gruppe, die dem Land Jerusalem entronnen waren, Ägyptisch gesprochen haben, war es mehr Lehis Lesefähigkeit in Bezug auf die Handschriftder Messingtafeln, was es ihnen später ermöglichte „diese Eingravierung“ selber zu lesen: „Denn da er [Lehi] in der Sprache der Ägypter unterwiesen worden war, konnte er diese Gravierung lesen und seine Kinder darin unterweisen, so daß sie dadurch ihre Kinder darin unterweisen konnten.“ (Mosia 1:4). 

Der Gedanke, dass die Lehi-Kolonie ihr mündliches Ägyptisch als eine zweite Sprache über tausend Jahre hinweg hätte aufrecht erhalten können, ohne es mit Hebräisch zu vermischen, oder ganz zu verlieren, liegt jenseits aller Wahrscheinlichkeit.  Die Tatsache, dass Nephiten die ägyptischen Schriftzeichen ihrer „Sprechweise gemäß“ abänderten, unterstreicht die Wahrscheinlichkeit, dass sie Hebräisch mit ägyptischer Schrift geschrieben haben.  Hinzu kommt, dass Moronis Sprache (c. 400 n. Chr.), die wahrscheinlich unterschiedlich genug von der eines Lehis gewesen war (600 v. Chr.), ebensoviel Zeitstudie in Anspruch genommen hätte, wie Alt-Englisch unter heutigen englischsprachigen Völkern.

DIE SPRACHEN AMERIKANISCHER UREINWOHNER (INDIANER).  Da Moronis Zeit fast der Wechselpunkt zwischen Lehi und der Gegenwart darstellt, wäre es hilfreich auch das andere Ende des Zeitkontinuums zu erachten. Das durch vage textuelle Äußerungen erstellte linguistische Bild könnte mitunter verschärft werden, wenn man auf die Sprachen der Indianer eingeht. Die Zeitspanne seit dem Lateinischen bis zu den heutigen romanischen Sprachen ist nur etwas geringer, wie der Zeitabschnitt von Lehi bis zur Moderne. Ähnlichkeiten unter den romanischen Sprachen sind reichlich vorhanden und offensichtlich.  Obwohl einige Fachleute auf Ähnlichkeiten hingewiesen haben, hat keine Studie bis jetzt Gelehrte davon überzeugt, dass „Links“ mit irgendeiner präkolumbisch-amerikanischen Sprache bestehen.

Aber eine Forschungsarbeit erscheint aussichtsvoll „Links“ zu der uto-aztekischen Sprachgruppe unter Beweis stellen zu können (Stubbs, 1988).  Obwohl andere Sprachgruppen eventuelle Verbindungen andeuten, weist Uto-Aztekisch mehr wie siebenhundert Ähnlichkeiten mit dem Hebräischen phonologisch, morphologisch und semantisch auf, Erscheinungen, die mit heutigen linguistischen Methoden im Einklang stehen.  Während eine Hand voll ägyptischer Wörter auch aufweisbar sind, sind sie minimal im Vergleich zu ihren hebräischen Gegenstücken.

HEBRÄISMEN IM BUCH MORMON.  Eine ganze Reihe hebräischer Sprachmuster sind im Buch Mormon identifiziert worden, obwohl einige auch charakteristisch in anderen Sprachen des Nahen Osten auftreten.  Zum Beispiel das akkusative Kognat (wie: „Er schläft einen langen Schlaf.“), ist im Englischen überflüssig, wird im Hebräischen aber zur Betonung benutzt: „Sie fürchteten sich einer Furcht“ (Ps. 14:5 im Hebräischen).  Ähnliche Strukturen befinden sich auch im Buch Mormon: „sich über die Maßen zu fürchten, mit der Furcht“ (Alma 18:5); für eine weitere Übersetzung gleichartiger akkusativer Kognate sollte man 1 Ne. 3:2; 8:2; Enos 1:13 vergleichen.  Darüber hinaus benutzt das Hebräische Präpositionalphrasen als Adverben öfters als individuelle Adverben, ein typisch linguistisches Merkmal der Sprache des Buches Mormon: „In aller Hast“ (3. Ne 21:29) anstatt „voreilig“ oder „hastig“ und „mit Frohsinn“ anstatt „frohsinng“ (2 Ne. 28:28).

Der Gelehrte Tvedtnes hat ein mögliches Beispiel hebräischer Übereinstimmung verzeichnet: „Dieses Volk ist ein freies Volk“ (Alma 30:24; Hervorhebung hinzugefügt).  Normalerweise wird in der englischen Sprache „this people“ (Volk) grammatisch als eine Pluralform verstanden, aber im Hebräischen ist es oft ein Singular.  Da dieser Ausdruck im Buch Alma im Buch Mormon vermutlich verblos war, würde er wahrscheinlich das Pronomen der dritten Person Singular /hu/ zwischen den beiden Nominalphrasen benutzt haben; oder er könnte am Ende der Aussage als eine anaphorische Demonstrativform eines Kopulaverbums, d.h. wo das Verb Subject mit Prädikat verbindet, fungiert haben.  Uto-aztekische Indianersprachen weisen das Wort /hu/ auch auf, welches in einigen Sprachen ein „Dritte-Person-Singular“ ist und in anderen als ein „sein“ Verb besteht.

Die Possesivform ersteht im Englischen aus zweierlei Konstruktionen – „the man’s house“ (des Mannes Haus) und „the house of the man“ (das Haus des Mannes) – aber nur das Letztere wird im Hebräischen angewandt.  Das Fehlen einer apostrophischen Possesivform im Buch Mormon steht im Einklang mit einer Übersetzung der hebräischen Konstruktionsart. Ferner ist die „des- Konstrution“ bei Adjektivverhältnissen im Hebräischen üblich.  Dementsprechend benutzt das Buch Mormon durchweg Wortverbindungen wie „Tafeln aus Messing“ (1 Ne. 3:12) anstatt von „Messingtafeln“ und „Wälle aus Steinen“ anstelle von „Steinwälle“ (Alma 48:8).

Satzstrukturen und Mechanismen, die es dem Hebräischen ermöglichen Satzglieder zusammenzufügen, sind andersartig im Englischen. Langwierige, aneinander gekettete Nebensätze und verb-bedingte Aussagen, wie sie in Helaman 1:16-17, Mosia 2:20-21 und 7:21-22 vorkommen, gelten im Hebräischen als akzeptabel, werden aber in der englischen Sprache für unorthodox und unerwünscht gehalten: „Und ihr alle seit heute Zeugen, dass Zeniff, der zum König über dieses Volk gemacht wurde, denn er war übereifrig...und wurde durch die... Hinterlist König Lamans getäuscht  der mit König Zeniff einen Vertrag eingegangen war...und [einen Teil]...in seine Hände überantwortet hatte, ja, nämlich [verschiedene Städte ] ... und das Land ringsum – und dies tat er einzig zu dem Zweck, dieses Volk zur Unterwerfung...zu bringen“ (Mosia 7:21-22).  

Oft vorkommende Ausdrücke im Buch Mormon, wie „from before“ („vor“ oder „von bevor“) und „by the hand of“ (durch die Hand des) sind in der Tat buchstäbliche Übersetzungen aus dem Hebräischen.  Zum Beispiel: „he fled from before them“ ([buchst. „er floh von bevor ihnen“]; Mosia 17:4), anstatt des typisch Englischen „he fled from them„ (er floh vor ihnen“), sind Ausdrücke, die das charakteristische hebräische präpositionale Satzgefüge /millifne/ darstellen.

Viele im Buch Mormon vorhandene Wörter oder Namen haben exakte Äquivalenten in der hebraischen Bibel.  Andere Wörter und Namen weisen semitische Eigenschaften auf, obwohl ihre Buchstabierung nicht immer einer anerkannten hebräischen Formulierung entsprechen mag.  Zum Beispiel, „Rabbanah“ d.h. „mächtiger König“ (Alma 18:13) mag mit dem hebräischen Grundwort /rbb/ verwandt sein, welches „groß oder mächtig sein“ meint. „Rameumptom“ (Alma 31:21), was soviel wie „heiliger Stand“ bedeutet, beinhaltet Konsonantenmuster, die empfehlen, dass das Grundwort /rmm/ramah/, soviel wie „hoch sein“, und /tmm/tam/tom/, soviel wie „vollkommen, perfekt oder heilig sein“ bedeutet.  Das /p/ zwischen dem /m/ und /t/ ist linguistisch gesehen ein natürlicher Auswuchs des bilabialen /m/ in einer Anhäufung mit einem Stop /t/, wie bei /p/ im englischen Vokabel /assumption/ von /assume + tion/, und dem /b/ im Spanischen /hombre/ und im Lateinischen /homere/. 

Die Behauptung, dass Joseph Smith das Buch Mormon einfach als eine Nachahmung der King James Bibel zusammenstellt hat, indem er biblische Namen entweder übertrug oder erdichtete, weist eine gewisse Unempfindlichkeit in Hinsicht seiner [des Buches] linguistischer Eigenschaften auf.  Namen wie „Alma“ wurden vormals als absonderliche Erfindungen dargestellt.  Aber die Entdeckung des Namen „Alma“ in einem jüdischen Text (2. Jahrhundert n. Chr.), die siebenhundert erkennbaren Gleichheiten im Hebräischen und Uto-Aztekischen, die literarischen Muster, wie Chiasmus, und viele weitere Merkmale, die in Forschungsarbeiten seit 1830 auffindbar sind, machen es als Kombinat eine überwältigende Herausforderung für irgendjemand ein solches Buch zur Zeit Joseph Smiths erzeugt haben zu können. [Siehe auch Buch Mormon, Verfasserschaft; Buch Mormon, Literatur; Buch Mormon, Namen im;  Buch Mormon, Nahost Hintergrund; Buch Mormon, Übersetzung von Joseph Smith.]

BIBLIOGRAPHIE

Hoskisson, Paul Y. "Ancient Near Eastern Background of the Book of Mormon." F.A.R.M.S. Reprint. Provo, Utah, 1982.
Nibley, Hugh. Lehi in the Desert and the World of the Jaredites. CWHN 5.
Nibley, Hugh. An Approach to the Book of Mormon. CWHN 6.
Sperry, Sidney B. "The Book of Mormon as Translation English." IE 38 (Mar. 1935): 141,187-88.
Sperry, Sidney B. "Hebrew Idioms in the Book of Mormon." IE 57 (Oct. 1954): 703, 728-29.
Sperry, Sidney B. Book of Mormon Compendium. Salt Lake City, 1968. Stubbs, Brian D. "A Creolized Base in Uto-Aztecan." F.A.R.M.S. Paper. Provo, Utah, 1988.
Tvedtnes, John A. "Hebraisms in the Book of Mormon: A Preliminary Survey." BYU Studies 11 (Autumn 1970): 50-60.

BRIAN D. STUBBS