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GEOGRAPHIE IM BUCH MORMON

Obwohl das Buch Mormon in erster Linie ein Bericht von NEPHITEN, LAMANITEN und JAREDITEN ist, ist dennoch genug geographisches Detail in deren Schilderungen vorhanden,um zumindest rudimentär gewisse Ländereien dieses Buches rekonstruieren zu können.  Fachlich gesehen ist bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Geographie, die streng wissentschaftlichen Bedingungen physicher, wirtschaftlicher, kultureller oder politischer Aspekte entspricht, geschrieben worden.  Die meisten Heiligen der Letzten Tage halten beim Schreiben von Geographien ein oder das andere oder auch beides im Auge: Erstens der Versuch einer internen auf textliche Hinweise und Anspielungen beruhende Rekonstruktion der relativen Größe oder Ausmaße, der im Buch Mormon ewähnten Länder; zweitens, der Versuch textlich Intern-Geographisches auf gewisse Gebiete in Nord- oder Südamerika zu übertragen.  In diesem Artikel werden wir drei Fragen in bezug auf Geographie im Buch Mormon ansprechen: (1) Wie erstellt sich eine Geographie des Buches Mormon?  (2) Wie würde solch eine Geographie aussehen?  (3)  Welche Gebiete im Buch Mormon sind es, die man hypothetisch gewissen Bereichen in Nord- oder Südamerka zuschreiben kann?  

DAS REKONSTRUIEREN DER GEOGRAPHIE DES BUCHES MORMON. Obwohl sich das Kirchengremium offiziell und konstant in Sachen Buch Mormon und Geographie distanziert, um größere Aufmerksamkeit auf die geistige Botschaft des Buches zu lenken, gibt es trotzdem eine Menge persönlicher Spekulationen – sei es von Laien oder Gelehrten – auf diesem Gebiet.  Mit Hilfe textueller Hinweise haben diese Forscher über sechzig mögliche Geographien erstellt. Diese Vielfalt entstammt: (1) der Exegesis gewisser Schriftstellen und Meinungsäußerungen von Generalautoritäten der Kirche; (2) den Vorgehensweisen im Abstimmen von Schriftenangaben; (3) Vorläufigen berichtsbezüglichen Anahmen und Bestimmungen torpographischer Merkmale, die der Tradition nach eine prominente Rolle in diesem Text spielen (wie z. B. der ofterwähnte Hügel CUMORAH und die „schmale Landenge“); und (4) den persönlichen Neigungen und der individuellen Schulung in Hinsicht auf diese Disziplin. 

Diejenigen, die der Auffassung sind, dass eine geographische Rekonstruktion des Buches Mormon möglich ist, müssen sich zunächst mit dem allgemeinen Problem der Deutung historischer Aufzeichnungen befassen.  Unterschiedliche Schriftstellen sind nicht immer von gleicher Tragweite, es kommt auf die Menge und Genauigkeit der Information in diesen Schriftstellen an.  Die geograpische Lage vieler im Buch Mormon erwähnten Städte lassen sich wegen Informationsmangel nicht festlegen.  Das ist besonders bei lamanitischen und jareditischen Städten der Fall, weil das Buch Mormon hauptsächlich ein nephitischer Bericht ist und die meisten geographischen Hinweise den nephitischen Territorien entstammen.  Aber textuellen Belegen nach lassen sich gewisse raumbedingte Zusammenhänge landschaftlicher und städtischer Merkmale erschließen.  Distanzen im Buch Mormon stehen im Verhältnis zu erforderlichen Reisezeiten von einer Ortschaft zur anderen.  Die zuverlässigste Information einer geographischen Rekonstruktion entstammt den Aufzeichnungen der nephitischen und lamanitischen Kriege des ersten Jahrhunderts nach Christi; die durch nephitische Missionsreisen ermittelte Information ist begrenzter. Reisedistanzen können in sofern etabliert werden, indem man sich des Terrains (Gebirgs- kontra Landschaftsebenen), dem relativen Fortbewegungstempo (z.B. der Marsch einer Armee gegenüber dem  Reisen in Begleitung von Kindern oder Tieren) bewusst ist.  Die interne Geographie, die sich noch stets, wie schon erwähnt, im Anfangsstadium befindet und im nachstehenden Teil diese Artikels verzeichnet steht, beruht auf Deutungen von Distanzen und Richtungen, die auf diese Art und Weise standardisiert wurden.

EINE INTERNE GEOGRAPHIE DES BUCHES MORMON.  Man hat des Öfteren versucht, die im Text vermerkten Merkmale physischer und politischer Geographien diagrammisch darzustellen.  Das aber bringt eine Reihe zusätzlicher Annahmen mit sich und ist ohne das Erstellen genauer Vehältnisbereiche schwer zu erzeugen (Sorensen, 1991).  Die nachstehenden Beschreibungen über Größe und Konfigurationen der Länder im Buch Mormon und die Standorte der Niederlassungen innerhalb dieser Gebiete vermitteln, zusammenfassend, weniger zweifelhaftes Beweismaterial.  

Vom Norden bis zum Süden ziehen sich die im Buch Mormon erwähnten Länder mehr in die Länge, wie vom Osten zum Westen.  Sie bestehen aus zwei Landmassen, die von einem „Meer östlich“ und einem „Meer westlich“ flankiert- und durch einen Isthmus  („eine Landenge“),  verbunden sind (Alma 22:27, 32).  Das Land nördlich der Landenge wurde als das „Land nordwärts„ und das Land südlich als das „Land südwärts“ bezeichnet (Alma 22:32).  Die Schilderungen des jareditischen Berichtes spielen sich gänzlich im „Land nordwärts“ ab (Omni 1:22; Ether 10:21), aber Details sind so minimal, dass sich die Lage ihrer Städte im Verhältnis zu einander nicht festlegen lässt.  Die Geschehnisse der nephitischen Aufzeichnungen hingegen, spielen sich fast ausschließlich im Land südwärts ab. Reiseberichte vom Land südwärts deuten an, dass sich die Gebiete der Nephiten und Lamaniten der Nord-Süd-Achse entlang unter normalen Reisebedingungen in schätzungweise 30 Tagen durchqueren lassen. 

Das Land südwärts wurde durch „einen schmalen Streifen Wildnis“, der sich vom Meer östlich bis zum Meer westlich erstreckte, getrennt (Alma 22:27).  Die Nephiten bewohnten das Gebiet nördlich der Wildnis und die Lamaniten das Land südlich. Der einzig benannte Fluss des Buches, der Fluss Sidon, der seinen Ursprung in der Landenge hatte, lief nordwärts zwischen östlich- und westlich gelegenen Wildnissen einher (Alma 22:29) und entleerte sich aller Wahrscheinlichkeit nach ins östlich gelegene Meer, da der Beschreibung nach, die östliche Wildnis ein ziemlich breites, der Küste entlang laufendes  Gebiet war.  Die Flussmündung Sidons wird nirgends spezifiziert. 

Die relativen Standorte einiger wichtiger nephitischer Städte lassen sich durch den Text ermessen. Zarahemla war die Hauptstadt der Nephiten des ersten Jahrhunderts v. Chr., und der südlich durch Nephiten bewohnte Teil des Landes hieß ebenso, das „Land Zarahemla“  (Hel. 1:18).  Die Stadt Nephi, die einst die ursprüngliche Kolonie der Nephiten gewesen war, wurde zu jener Zeit von Lamaniten besetzt und diente von Zeit zu Zeit als einer ihrer Hauptstädte im Land, was sich südlich der Wildnisenge befand (Alma 47:20). Auf Grund von Almas1 Migrationsberichten lässt sich die Distanz zwischen der Stadt Zarahemla und der Stadt Nephi für eine Reise mit Erwachsenen, Kindern, Tieren und gebirgigem Gelände auf ugf. 22 Tage abschätzen (vgl. Mosia 23:3; 24:20, 25).  Die Entfernung Zarahemlas zur Landenge war wahrscheinlich nicht so groß wie die Distanz zwischen Zarahemla und Nephi.  Die bedeutenste Niederlassung in der Nähe der Landenge war die am nächsten des östlichen Meeres gelegene Stadt Bountiful (Alma 52:17-23).  Diese Stadt in der Tiefebene war militärisch gesehen von großer Wichtigkeit, um den Zugang zum Land nordwärts vom östlichen Meer her berherrschen zu können.

Die relative Bestimmung des Hügels Cumorah ist äußerst schwach, da die Reisezeit von Bountiful, oder der Landenge, nach Cumorah nirgends spezifiziert ist.  Man weiss, dass sich der Hügel Cumorah dicht beim östlichen Meer im Land nordwärts befand und karges Beweismaterial spricht dafür, dass er nicht viele Reisetage von der Landenge entfernt lag (Mosia 8:8; Ether 9:3).  Möglich ist auch, dass der Teil des Landes nordwärts, der von Jarediten bewohnt worden war, kleiner war, als das Land der Nephiten-Lamaniten südwärts.

Die Landschaftsgestaltung des Buches Mormon besteht aus gebirgiger Wildnis, flachen Küstengebieten, Tälern, einem großen Strom, einem im Hochland gelegenen See, und den im Flachland liegenden Feuchtgebieten.  Auch scheinen gelegentlich in diesem Land vulkanische Eruptionen und Erdbeben vorgekommen zu sein (3 Ne. 8:5-18).  Kulturell gesehen bescheibt das Buch Mormon ein metallkundiges, urbanisiertes, agrarisches Volk (Hel. 6:11) mit Schreibkenntnissen (1 Ne. 1:1-3), einem nach dem Mond und der Sonne ausgerichteten Kalendar (2 Ne. 5:28; Omni 1:21), einheimischen Tieren (2 Ne. 5:11), unterschiedlichen Sorten Getreide (1 Ne. 8:1), Gold, Silber, Perlen und kostbaren Gewändern (Alma 1:29; 4 Ne 1:24).   Auf Grund dieser Kriterien sehen viele derzeitige Gelehrte Nord-Zentralamerika als das wahrscheinlichste Gebiet der Länder im Buch Mormon. Jedoch sind ihre Meinungen privater Art und vertreten keine offizielle Haltung der Kirche.

HYPOTHESIERTE GEBIETSBESTIMMUNGEN IM BUCH MORMON.  Zwei Punkte haben es verdient in Erwägung gezogen zu werden, um die Wahrscheinlichkeit externer geographischer Übereinstimmungen des Buches Mormon zu Wege zu bringen. (1) Was ist der offizielle Standpunkt der Kirche? Und (2) was ist die generelle Meinung  ihrer Mitgliedschaft?

In der frühen Kirchengeschichte waren Mitglieder und Kirchenführer zumeist der Auffassung, dass die Länder des Buches Mormon ganz Nord- und Südamerika mitinbegriffen, obwohl Einige sich zeitweilig an einer weiteren aber mehr begrenzten Alternative hielten. Die offizielle Haltung der Kirche ist die, dass die im Buch Mormon verzeichneten Ereignisse sich irgendwo in den Amerikas abgespielt haben, und dass genau geographische Bestimmungen bis jetzt noch nicht offenbart worden sind.  Dieser Standpunkt gilt für beides, die interne Geography sowohl wie die externen Korrelationen.  Keine interne Geographie ist von der Kirche bis jetzt unterbreitet oder bestätigt worden, gleichso mit den durch individuelle Mitglieder der Kirche vermuteten und vorgeschlagenen (einschließlich d.O.) internen und externen Geographien.  Bemühungen dieser Art werden den Mitgliedern von der Kirche weder empfohlen noch werden sie davon abgehalten. John A. Widtsoe hat es einmal so ausgedrückt, “Untersuchungen dieser Art sind berechtigt, aber die Schlussfolgerungen, obwohl sie richtig sein könnten, sollten besten Falls als intelligente Vermutungen betrachtet werden“ (Vol. 3, p. 93; ).  Drei Meinungsäußerungen, die dem Propheten Joseph Smith zugeschrieben worden sind, werden des Öfteren als „Beweis“ einer offiziellen kirchlichen Erklärung erwähnt. Eine 1836 enstammende Aussage behauptet, dass „Lehi und seine Gruppe…auf dem südamerikanischen Kontinent landeten; in Chile, dreißig Grad, südlicher Breitengrad“ (Richards, Little, p. 272; ).  Diese Auffassung akzeptierte Orson Pratt und wurde in der Ausgabe des Buches Mormon von 1879 in dessen Fußnoten verzeichnet, aber es gibt kein ausreichendes Beweismaterial um sagen zu können, dass diese Aussage tatsächlich von Joseph Smith stammt („Did Lehi Land in Chili [sic]?“; vgl. Roberts, Vol. 3, pp. 501-503 und Widtsoe, Vol. 3, pp. 93-98). 

1842 erschien ein Leitartikel in der derzeitingen Kirchenzeitschrift mit der Behauptung, dass „Lehi...etwas südlich vom Isthmus zu Darien [Panama] gelandet sei“ (T&S 3 [Sept. 15, 1842]:921-922; ).  Diese Erwägung würde Lehis Landungsgebiet im Vergleich zu Chile um 3,000 Meilen (ugf. 5,000 km) nördlich verschoben haben. Obwohl Joseph Smith zu jener Zeit die Verantwortung als Herausgeber dieser Zeitschrift hatte, ist nicht zu ersehen, ob er der Urheber dieser Aussage war, oder ob sie überhaupt seinen Auffassungen entsprach. Zwei Wochen später erschien ein weiterer Leitartikel in Times and Seasons, der eigentlich mehr eine Buchkritik über Incidents of Travel in Central America, Chiapas and Yucatan von John Lloyd Stephens war. Das war das erste zugängliche Buch in englischer Sprache, welches genaue Beschreibungen und Zeichnungen mayanischer Ruinen voralters beinhaltete. Auszüge diese Buches erschienen in Times and Seasons mit der Bemerkung dass „es kein schlechter Plan sei, Mr. Stephens zerstörte Städte mit denen des Buches Mormon zu vergleichen: Licht verkehrt mit Licht und Tatsachen bauen auf Tatsachen. Wahrheit hat nie jemanden verletzt” (T&S 3 [Oct. 1, 1842]:927; ).

Nachstehende Aussagen von Kirchenführern erweisen, dass sie es normalerweise ablehnen ihr Gutachten im Hinblick auf eine Geographie des Buches Mormon abzugeben.  Als man Präsident Joseph F. Smith einmal auffordete, sich eine Landkarte mit dem gemeinten Landungsort der Lehi Gruppe anzusehen, erklärte er, „dass der Herr es noch nicht offenbart habe“ (Cannon, p. 160n; ).   Anthony W. Ivins, damaliger Ratgeber der Ersten Präsidentschaft der Kirche, setzte hinzu, „Es ist bis jetzt noch nie etwas vorgeschlagen worden, was die Frage [über Geographie im Buch Mormon] abgeklärt hat... wir warten bis die Wahrheit ans Tageslicht tritt“ (CR, Apr. 1929, p. 16; ). Obwohl die Kirche keine offiziellen Erklärungen geographischer Bestimmungen gemacht hat, halten Kirchenautoritäten niemand davon ab, sich privat mit diesem Thema zu befassen (Cannon).

Dem unbekannten Herausgeber der Times and Seasons schien das heutige Zentralamerika als bestgelegener Handlungsort des Buches Mormon.  Wie erwähnt, Geographien neueren Datums von Kirchenmitgliedern scheinen diese Ansicht zu fördern, andere wiederum bestehen auf Upstate New York (der Staat New York ohne N.Y. City und Long Island) oder auch Südamerika als eigentliche Region.  Eine Vielfalt von Meinungsverschiedenheiten herrscht immer noch unter Kirchenmitgliedern hinsichtlich einer Geographie des Buches Mormon; dennoch sind sich die meisten Untersucher, die mit diesem Problem vertraut sind im Klaren, dass die Hunderte von geographischen Hinweise im Buch Mormon auffallend einheitlich sind – selbst wenn sie als Untersucher  in Bezug auf gewisse Gebiete im Buch Mormon nicht immer der gleichen Auffassung sind.

Von den vielen externen Geographien des Buches Mormon ist keine bis jetzt als eindeutig durch die Archäologie bestätigt worden.  Grundlegender ist, dass man sich noch nicht einmal einig ist, ob eine positive Bewertung gemacht werden kann und, falls es so sein sollte, wie sich solcher Nachweis gestalten würde.  Unklar bleibt ferner, was eine Fälschung oder Widerlegung unterschiedlicher Geographien ausmachen soll.  Bis diese Fragen geklärt sind, müssen alle internen und externen Geopraphien – selbst die angeblichen archäologischen Teste – bestenfalls als intelligente Vermutungen eingeschätzt werden.  

BIBLIOGRAPHIE

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Richards, F., and J. Little, eds. Compendium of the Doctrines of the Gospel, rev. ed. Salt Lake City, 1925.
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Widtsoe, John A. Evidences and Reconciliations, 3 vols. Salt Lake City, 1951.

JOHN E. CLARK