Weiter wie die maßgeblichen Erweckungsbewegungen Amerikas braucht man nicht zu schauen,um festzustellen warum die ersten Älstesten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage eine sofortige Leserschaft für ihr heiliges Buch vorfanden. Um 1830 waren eindringliche Aufrufe zu persönlicher Rechtschaffenheit, und Gerhorsam zu sittlichen Maßstäben der jüdisch-christlichen Schriften, das vorherrschende Gemeingut aller protestantischen Gemeinschaften. Hinzu käme noch, dass fast jede amerikanische Sekte gemeinsame Unterstellungen über die Geschichte der Indianer und Juden voralters und deren Zukunft miteinander teilten.
Diese Interessen und religiösen Vorstellungen entwickelten sich auch zu wichtigen Themen für Prediger und Pastöre der Methodisten, kongregationalistischen Gemeinden (ugf. wie Freikirchen) und den Baptisten, die im Dienst ihrer Kirchengemeinden im geographischen Bereich von Cheshire, Nordengland standen. Heber C. Kimballs Tagebuch, berichtet über seine Mission in Großbritannien und wie das Erblühen des Bibelstudiums und das Spekulieren in Bezug auf das Millennium den religiösen Ackerboden zum Evangelisieren durch Missionare der Heiligen der Letzten Tage vorbereitet hatte. Ferner erwähnte er, dass selbst Kleriker der Kirche von England ihrer Zuhörerschaft verdeutlichten, dass die Lehren der Heiligen der Letzten Tage die gleichen Grundsätze enthalten, wie die der Apostel voralters.
Das Buch Mormon enthält Klarstellungen, die sich gewissen Themen zuwenden, die in den christlichen Schriften unklar oder unvollständig zu sein scheinen; wie z.B. Taufe durch Untertauchen und die Verheißung an alle Gläubigen – nicht nur Apostel – dass sie vom Heiligen Geist erfüllt werden können, dass aufrichtigen Christen das Herz gereinigt werden kann (worauf John Wesley schon im vorherigen Jahrhundert beharrte), dass das durch freiwillige Erwiderung und unentgeltlicher Gnade empfangene Erlösungsereignis allen zugänglich ist und nicht nur den „Auserwählten“, und dass Gehorsam und Rechtschaffenheit die Frucht dieser Erfahrung ist. Das Buch Mormon beteuert ferner die Richtigkeit der heiligen Schriften in Hinsicht auf die Schilderungen eines zerstreuten Israels, indem es bejaht, dass gewisse amerikanische Ureinwohner Nachfahren Josephs und Judas sind.
Die Überzeugungsmacht der neuen Schriften und der Missionare, die sie auslegten, lag demzufolge in ihren Zeugnissen in Verbindung mit zentralen Glaubensgrundsätzen evangelisch-protestantischer Sekten in beiden Bereichen, dem jacksonianischen Amerika und dem früh-viktorianischen England. Parley P. Pratt erklärte an seine Zuhörerschaft, dass zwei Fehler in Sachen Bibelinterpretation begangen worden waren und weitverbreitete Ungewissheit verschafften: Erstens die Annahme, dass der direkte Einfluss des Heiligen Geistes nicht allen Zeitaltern der Kirche zugedacht sei, und zweitens, dass die jüdischen und christlichen Schriften alle Wahrheiten besaßen Erlösung zu erlangen und das Vorschriften in Sachen Glaube und Ausübung hinreichend seien.
Einige Diakone und Älteste, sowie eine Handvoll evangelischer Pastöre des 19. Jahrhunderts rangen mit der folgenschweren Versuchung große Teile der aus der Bibel gelehrten Wahrheiten und Belange zu bezweifeln, Dinge worauf sie ihre ewige Bestimmung gesetzt hatten. Es ist wahr, dass die historischen Details, die diese beiden Bücher [die Bibel und das Buch Mormon] beinhalten, in der Tat radikal anders sind; andererseits aber passen sie auf wundersame Weise zusammen. Die moralische Struktur; wie z.B. die Geschichte Jesu, Verheißungen in Hinsicht auf die Erlösung, und die Schilderung der Menschen in den letzten Tagen ähneln sich auf bemerkenswerte Weise. Obwohl die neuen Schriften Ähnlichkeiten mit dem evangelistischen Arminianismus auf Kosten der Glaubenrichtungen des früheren und seit langem dominierenden Calvinismus erkennen lassen, könnte dasselbe von vielen frühen Protestanten, ja selbst Presbyterianern gesagt werden, ganz zu schweigen von Methodisten und der Christlichen Kirche (Disciples of Christ). Der Stimme von zwei Zeugen gemäß, die Bibel und das Buch Mormon, verkündeten Heilige der Letzten Tage, ihre Notwendigkeit in der Etablierung der Wahrheit, so wie der Prophet Nephi1 es vorrausgesagt hatte (2 Ne. 29:8).
Selbst für Nicht-Mitglieder der Kirche scheint das Buch Mormon in fünf wesentlichen Punkten die Autorität der Heiligen Schriften zu stärken. Am wichtigsten wäre die Bekräftigung dieses Bandes, dass die christliche Religion im Alten und Neuen Testament verankert ist. Das Buch bestätigt weiterhin, was die Bibelwissenschaft in letzter Zeit klar gestellt hat: die Kontinuität der Theologie, Sittenlehre und Geistigkeit, die diese beiden Testamente verkündigen. Im Buch Mormon ist Jesus Christus der Herr, der das Gesetz an Mose gegeben hat; der auferstandene Christus ist identisch mit Jesajas Messias. Er verkündet dieselbe Botschaft der Erlösung, des Glaubens, und ein neues rechtschaffendes Leben durch den Heiligen Geist, wie das Neue Testament es ihm zuschreibt.
Zweitens, das Buch Mormon verstärkt die einheitsstiftende Vision biblischer Religion; einer Vision, die in der Überzeugung einer gemeinsamen Menschheit, so wie die Schöpfungsgeschichte es erklärt, die Verheißungen Abrahams andeuten, und die Worte Jesu bestätigen, verankert ist. Es mag schon sein, dass Puritanischer MILLENIALISMUS die Inspiration zu einer ethnozentrischen Weltanschauung angelsächsischer Bestimmung gewesen ist, die Zukunftsdarstellung im Buch Mormon aber ist etwas ganz anderes. Sie vergegenwärtigt die weltweite Umkehr von Gläubigen und deren endgültige Vereinigung im Reich Gottes, und hat seinen Anfang, wo John Wesleys „die Welt ist meine Parochie“ aufhört.
Drittens, der biblische Faden, der Heiligkeit und Erlösungshoffnung – individuell oder gruppenmäßig – verbindet, findet auch im Buch Mormon seine Bestätigung. Gewisslich waren die Methodisten nicht die einzigsten, die sich dieser Verbindung bemächtigten; Baptistenprediger wie Charles G. Finneys und seine kongregationalistische Gemeinschaft, Alexander Campbells Disciples of Christ und Unitaristen wie William E. Channing stimmten dieser Sache auch zu. Nephiten voralters schenkten den Worten der Propheten ihre Aufmerksamkeit und sahen dem Zweiten Kommen Christi, Sohn der Rechschaffenheit, entgegen. Als Jesus ihren Nachfahren in der Neuen Welt erschien, wiederholte er auf verständlichere Weise die Worte der Bergpredigt, die er in der alten Welt schon einmal verkündet hatte.
Viertens, Joseph Smiths Übersetzung heiliger antiker Aufzeichnungen half der Verwirklichung eines weiteren Konzepts, nämlich die seit langem unter Puritanern, Pietisten, Quäkern und Methodisten verbreitete Idee einer Wiederherstellung des christlichen Grundsatzes, dass der Heilige Geist im glaubenstreuen Menschen anwesend ist. Zum Beispiel, Charles G. Finney kam letztendlich zu der Überzeugung, dass die Taufe mit Feuer und dem Heiligen Geist, oder das Ereignis der vollkommenen Genugtuung die Unzulänglichkeiten von persönlicher Rechschaffenheit und Liebe, die er unter seinen Bekehrten sah, beheben würde. So war es auch mit den meisten Methodisten. Beobachter innerhalb und außerhalb der wiederhergestellten Kirche haben bezeugt, dass in den Anfangsjahren der Kirche, so etwas wie ein Pfingsttagphenomen, zumindestens im inneren Kreis der Heiligen, stattfand. In den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts nahm unter Evangelisten verschiedener Glaubensrichtungen der Gebrauch des Pfingsttagsbeispieles um vielfaches zu um zu verdeutlichen, dass die Macht Gottes in der Welt am Werk ist.
Fünftens, das Buch Mormon teilte mit einigen Christen die Wiederherstellungs-erwartung, dass in the LETZTEN TAGEN biblische Prophezeiungen tatsächlich in Erfüllung gehen werden. Diejenigen, die durch Glaube und Taufe Heiligkeit erlangen, werden unter Gottes Volk – in der „elften Stunde“ erwählt – gezählt werden. Auch sie sollen sich in ZION versammeln, ein NEUES JERUSALEM in einer Neuen Welt, und ein regeneriertes Jerusalem in der alten Welt; und Christus, er wird in der Tat zurrückkehren. Ungeachtet späterer Interpretationen der King-James-Version der Bibel an Hand Heiliger der Letzten Tage waren sich Joseph Smith, die frühen Missionare und Bekehrte dieses Kerngedankens bewußt, dass die Bibel sowohl wie das Buch Mormon sich gegenseitig unterstützen.
BIBLIOGRAPHIE
Kimball, Heber C. Journal. Nauvoo, Ill., 1840.
Smith, Timothy L. "The Book of Mormon in a Biblical Culture." Journal of Mormon History 7 (1980):3-21.
TIMOTHY L. SMITH