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APOSTEL

Ein „Apostel“ ist ein ordinierter Führer im Melchisedekischen Priestertum in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Apostel werden durch Inspiration vom Präsidenten der Kirche gewählt, von den Mitgliedern der Kirche bestätigt und von der Ersten Präsidentschaft und dem Kollegium der Zwölf Apostel durch Händeauflegen ordiniert. Sie dienen als Generalautoritäten und unterscheiden sich von lokalen und regionalen Beamten, indem sie ihr Apostelamt auf Lebensdauer innehaben. Der dienstälteste Apostel ist der Präsident der Kirche.

Außer als Zeugen Jesu Christi in aller Welt zu dienen (LuB 107:23), wie es Jesu Apostel taten, halten Mitglieder des heutigen Kollegiums der Zwölf Apostel die Schlüssel des Priestertums, das heißt, die Rechte der Präsidentschaft inne (LuB 107:35, auch 124:128). Präsident Brigham Young sagte über ihre Priestertumsvollmacht: „Die Schlüssel des ewigen Priestertums, das nach der Ordnung des Sohnes Gottes besteht, werden dadurch verstanden, dass man Apostel ist. Das gesamte Priestertum, alle Schlüssel, alle Gaben, alle Begabungen und alles, was darauf vorbereitet, die Gegenwart des Vaters und des Sohnes zu betreten, sind im Apostelamt enthalten, bestehen daraus, werden dadurch beschrieben oder befinden sich, wie ich vielleicht sagen könnte, innerhalb seines Umfangs“ (JD 1:134-35). Als Priestertumskollegium steht das Kollegium der Zwölf Apostel an Vollmacht gleich hinter dem Kollegium der Ersten Präsidentschaft (LuB 107:24). Außerdem überwacht es den domestischen und internationalen Dienst des Kollegiums der Siebziger (LuB 107:34, 124:139-40). Auch präsidiert ein Apostel, wo immer er sich in der Kirche befindet, außer in Gegenwart eines Mitglieds der Ersten Präsidentschaft oder eines dienstälteren Mitglieds der Zwölf.

Im Neuen Testament war ein Apostel (von griechisch apostellein = hinaussenden [als Repräsentanten oder Vertreter]) ein von Gott gewählter Gesandter, (Mk 3:14, Joh 15:16, Apg 1:21-26) der ein Zeuge Christi Auferstehung war und die Missionspflicht hatte, von dessen Auferstehung Zeugnis abzulegen.

Jesus selbst war ein Apostel, durch den Gott sprach (Hebr. 1:2; 3:1). Der Vater sandte Jesus, und wer ihn empfängt, empfängt den, der ihn gesandt hat (Mk 9:37, Joh 8:16-19). Wie der Vater ihn sandte, so sandte Jesus seine Apostel (Joh 20:21). Ursprünglich wurden sie aus den Reihen jener berufen, die „die ganze Zeit mit uns [den Zwölf] zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging“ (Apg 1:21). Die mit den Aposteln in Verbindung stehende Zahl Zwölf spiegelt die Anzahl der Stämme Israels wider, die die Apostel richten sollen (Mt. 19:28, Lk 22:30). In diesem Zusammenhang waren sie die Grundlage der frühen christlichen Kirche (Eph. 2:19-21, 4:11-14).

Manchmal umfasst der Ausdruck mehr als die Zwölf, wie in „alle Apostel“ (1 Kor. 15:7), was einer ausdrücklichen Ewähnung der „Zwölf“ durch Paulus folgt (1 Kor. 15:5), und in Bezug auf Personen, die Apostel genannt werden, aber bekanntlich nicht zu den Zwölf gehörten (Apg 14:14, Röm. 16:7), angedeutet wird. Wahrscheinlich wurde im Jahre 54 Jakobus, der Bruder des Herrn, einer der Zwölf (1 Kor. 15:7, Gal. 1:19). Selbst dann nehmen die meisten Verweise im Neuen Testament auf Apostel Bezug auf Mitglieder der ursprünglichen Zwölf oder auf Paulus. Sie waren die Bürgen oder Hauptzeugen der Auferstehung Jesu, was wiederum die Versicherung bedeutete, dass er der erwartete Messias und Herr der Herrlichkeit war (Apg 1:8-11). Im ersten Jahrhundert waren Apostel reisende Zeugen für Jesu Auferstehung, denn zu diesem Zweck hatte er sie in die Welt ausgeschickt (Apg 1:8, Mt. 28:19-20). Den Kern der Gruppe, und die Grundlage der Kirche, bildeten Petrus, Jakobus und Johannes, die während kritischer Erfahrungen, einschließlich seiner Verklärung (Mk 9:2-9) und seines Leidens in Gethsemane, bei Jesus oder in seiner Nähe waren (Mk 14:32-34).

Die Bedeutung der Zwölf Apostel Jesu wird im Buch Mormon unterstrichen. Erstens sahen etwa  600 vor Christus sowohl Lehi als auch sein Sohn Nephi I in einer Vision die Zwölf als Jünger Jesu in Palästina und als Opfer der Verfolgung (1 Ne. 1:10-11, 11:29, 34-36). Zweitens, diese Zwölf sollen die zwölf Stämme Israels richten und die anderen zwölf Jünger, die der auferstandene Jesus während seines Dienstes in der westlichen Hemisphäre etwa A.D. 34 wählte (1 Ne. 12:9-10, Morm. 3:18-19, LuB 29:12). Drittens, diese späteren zwölf Jünger, im Unterschied zu den zwölf Aposteln in Palästina, sollen ihr eigenes Volk richten, das vom Haus Israel abstammt (3 Ne. 27:27). Viertens, während seines Besuches in der westlichen Hemisphäre richtete der auferstandene Jesus die Position der Zwölf in seiner Kirche ein, als er sie auswählt und sorgfältig in seinem Evangelium unterwiesen hatte (3 Ne. 11:18-12:1, 13:25-34, 15:11-16:20, 18:36-37, 27:13-21). Er übertrug ihnen die Vollmacht, das Evangelium zu verkünden und seine Verordnungen zu vollziehen, das heißt, sowohl mit Wasser als auch mit dem Geist zu taufen, was sie zu Überträgern der Lehre und Praktiken der Kirche machte (3 Ne. 11:22, 18:36-37, 19:6-14, 26:17). Fünftens, in Übereinstimmung mit dem Vorbild im Neuen Testament berichtet das Buch Mormon, dass Jesus vom Vater gesandt wurde (3 Ne. 18:27, 16:3) und dass er wiederum jene zwölf Jünger beauftragte, „hin zu diesem Volk zu gehen und die Worte zu verkünden, die ich gesprochen habe“ (3 Ne. 11:41).

Moderne Offenbarungen  geben weitere Auskunft. Das Apostelamt und seine Vollmacht wurden wiederhergestellt und durch Petrus, Jakobus und Johannes auf den Propheten Joseph Smith und Oliver Cowdery übertragen. Dies unterstreicht die fortdauernde Bedeutung dieses Amtes in der Kirche (LuB 27:12, Siehe auch Melchisedekisches Priestertum: Wiederherstellung). Schon im Juni 1829, fast ein Jahr bevor die Kirche organisiert wurde, erhielten Oliver Cowdery und David Whitmer, später auch Martin Harris, Anweisungen darauf, was für ein Mann als Apostel gewählt werden sollte, und wurden beauftragt, die ersten Zwölf in der modernen Ära auszusuchen (LuB 18:26-38). Diese Aufgabe wurde am 14 und15. Februar 1835 erfüllt, als Cowdery, Whitmer und Harris zwölf Männer als Apostel auswählten und die neun, die anwesend waren, ordinierten (HC 2:186-98).

Moderne Schriften besagen, dass „jede Entscheidung [des Kollegiums der Zwölf Apostel] einstimmig sein muss“ (LuB 107:27). Darüber hinaus sind seine Mitglieder bemächtigt zu taufen, das Evangelium zu verkünden und andere zum Priestertum zu ordinieren (LuB 18:26-36). Der Herr hat bestimmt, dass die Anzahl an Aposteln im Kollegium der Zwölf aufrecht erhalten werden muss (LuB 118:1) und dass ihre Schlüssel „von den Vätern herab auf [sie] gekommen und zuletzt vom Himmel herabgesandt worden sind“ (LuB 112:32). Wer in diesem Amt dient, muss „[sich] das Herz säubern und die Kleider, damit nicht das Blut dieser Generation von [ihnen] gefordert wird“ (LuB 112:33).

BIBLIOGRAPHIE

Kittel, Gerhard, Hg. und Geoffrey W. Bromiley, Hg. und Übersetzer. Theological Dictionary of the New Testament, Bd. 1, S. 407-447. Grand Rapids, Mich., 1964-1976.
McConkie, Bruce R. The Mortal Messiah, Bd. 2, S. 99-114, 303-326. Salt Lake City, 1980.

S. KENT BROWN