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ALLGEMEINE ZUSTIMMUNG

Allgemeine Zustimmung ist ein wesentliches Entscheidungsprinzig von dem auf allen Führungsebenenen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Gebrauch gemacht wird.  Wenn jemand ein Amt bekleiden soll oder administrative Beschlüsse gefasst werden müssen, sind Kirchenführer gebeten den Willen Gottes zu ersuchen.  Wenn der Herr danach seinen Willen offenbart und eine Entscheidung getroffen worden ist, dann wird die Angelegenheit dem geigneten Kollegium oder der allgemeinen Mitgliedschaft zum Zweck der Zustimmung vorgelegt, und man wird aufgefordert die Entscheidung entweder zu bestätigen oder abzulehnen.  Diese Verfahrensweise versichert der Kirche, dass sie durch Offenbarung geleitet wird und bietet jedem Mitglied die ENTSCHEIDUNGSFREIHEIT eine Sache für sich selbst zu durchprüfen, um festzustellen ob Beschlüsse dem Willen Gottes entsprechend ordnungsgemäß gefasst worden sind.  

Der Grundsatz der allgemeinen Zustimmung besteht in der Kirche seit Anbeginn, obschon die eigentlichen Ausübungen, die dieses Prinzip eingliederten, sich noch bedeutend weiterentwickelten.  Eine im April 1830 empfangene Offenbarung über das Führungssystem der Kirche lautet: „Niemand soll zu irgendeinem Amt in dieser Kirche ordiniert werden, wo es einen ordnungsgemäß organisierten Zweig derselben gibt, ohne die Abstimmung in jener Kirche“ (LuB 20:65).  Diese Anweisung wurde drei Monate später wiederholt betont: „Alles soll in der Kirche mit allgemeiner Zustimmung getan werden“ (LuB 26:2).  Es ist gut möglich, dass in den Anfangsjahren der Kirche diese Ausübungen vom theokratischen Regierungssystem im Buch Mormon, welches seine „Angelegenheiten durch die Stimme des Volkes“ regelte, beinflusst wurde sowie durch Beispiele aus der Bibel (z.B. Ex. 24:3; Num. 27:19). 

Berichtsbelege einiger Versammlungen und Konferenzen in den Anfangstagen der Kirche geben zu erkennen, dass viele Kirchenführer in Neuengland der Auffassung waren, dass die Mitgliedschaft von vornherein in entscheidenden Zusammenkünften – parlamentarischen Richtlinien öffentlicher Versammlungen gemäß – miteinbezogen werden sollte, um an endgültigen Abstimmungen von Vorgehensweisen und Richtlinien teilnehmen zu könnenn. Von Zeit zu Zeit maßten sich einzelne Mitglieder das Recht an Kirchentagungen einzuberufen, und es während der Versammlung zu erlauben, dass irgendjemand die Gemeinde ansprechen durfte. Die Durchführung solcher Versammlungen hielt sich an das ihnen bekannte Vorbild des amerikanischen Kongresses.  Jedoch dauerte es nicht lange, bevor sich jene Heiligen der Letzten Tage bewusst wurden, dass die Realität eines unter ihnen weilenden Propheten und Führers den Endscheidungsprozess beeinflussen würde. Man nicht länger herkömmlichen parlamentarischen Mustern Folge leisten konnte, ohne die Befugnis und Offenbarungen abzuerkennen, die Gott Joseph Smith gegeben hatte.  Mit der Zeit wurden diese beiden wesentlichen Aspekte durch die Wiederherstellung der Kirche vereint.  

Der Vorfall von September 1830, wo Hiram Page behauptete er sei ein zweiter Offenbarer der Kirche und habe richtungsgemäße Offenbarungen für sie empfangen, rückte das Ganze wieder ins Blickfeld.  Die dadurch enstehende Verwirrung in Hinblick auf Oliver Cowdery (2. Ältester der Kirche) und die Mitglieder der Kirche, gab Anlass zu einer göttlichen Kundgebung an Joseph SMITH, welche seine besondere Berufung als Prophet klar stellte.  Unter anderem hieß es, dass „alles in Ordnung und durch allgemeine Zustimmung in der Kirche [geschehen muss]“ (LuB 28:13).  Nachdem die Autorität und das Amt Joseph Smiths und das seiner Nachfolger als Präsident der Kirche über die Jahre hinaus durch weitere Offenbarungen erläutert wurde (LuB 107:65-67, 91-92), wurde das Prinzip der Abstimmung von Kirchenmitgliedern immer wieder neu betont. (LuB 38:34; 42;11; 102:9; 124:144).   

Als Priestertumsräte- und gruppen in die Kirchenorganisation eingegliedert wurden, steuerte man allgemeine Diskussionen über Verfahrensweisen und Richtlinien dem Verantwortungsbereich dieser Ratsversammlungen zu und weniger der Tagesordnung einer Konferenz, so dass man sich auf das Predigen des Evangeliums in den Konferenzen konzentrieren konnte.    

Auch heute werden in der Kirche Berufungen zum Kirchendienst und Ordinierungen zum Priestertum mit Inspiration durch autorisierte Führer auf allen Ebenen der Kirche ausgeführt und hernach der entsprechenden Mitgliedschaft zur Bestätigung oder Ablehnung vorgelegt.  Mitglieder können zwar niemand zu einem Amt ernennen, aber sie sind gebeten die Entscheidungen der Führungsgremien durch Heben der rechten Hand zu bestätigen oder sie, im Fall ihrer Oppositiont, auf die gleiche Weise abzulehnen. Diese Vorgehensweise befolgt man auch, wenn über wichtige Offenbarungen und Beifügungen der Schriften die Rede ist.

In weniger auffälligen aber gleichwichtigen Ausübungen legen diejenigen, die für Entscheidungen verantwortlich sind, auf allen Ebenen Bestimmungen und Berufungen den Priestertumsräten zum Kommentar und zur Bestätigung vor.  Auf örtlicher Ebene legt ein Bischof normalerweise Beschlüsse den Ratgebern seiner Bischofschaft vor, bevor er diese Angelegenheiten der Gemeinde zur Bestätigung unterbreitet.  Bei vielen Bestimmungs- und Programmentscheidungen bespricht die Bischofschaft die Sache zunächst mit dem Gemeinderat und versucht zu einer Übereinstimmung zu kommen, bevor man sie zur Bestätigung vorlegt.  Ebenso konferieren Pfahlpräsidenten mit den Ratgebern ihrer Pfahlpräsidentschaft und nachfolgend mit dem Hohen Rat.  Die Erste Präsidentschaft konsultiert ebenso in Sachen allgemeiner Bestimmungen und Handlungen in regelmäßígen Zusammenkünften mit dem Kollegium der Zwölf Apostel.

Einstimmigkeit und Einmütigkeit ist das Ideal, was in all diesen Entscheidungsprozessen angestrebt wird, weil es absolut wichtig ist die EINHEIT der Kirche zu bewahren. „Seid eins, und wenn ihr nicht eins seit, dann seit ihr nicht mein“ (LuB 38:27).  Die drei wichtigsten Führungsgremien der Kirche beinhalten dieselbe Autorität innerhalb ihrer Wirkungsbereiche (LuB 107:22-26), aber ihre Entscheidungen sind nur dann von „derselben Macht und Gültigkeit,“ wenn sie in diesen Führungskollegien einstimmig angenommen wurden (LuB 107:27).  Viele wichtige Entscheidungen nehmen erst nach anscheinend langer Zeit feste Form an, eben weil man auf die Einigkeit innerhalb der Kollegien so großen Wert legt.  

Weil der Akzent so stark auf göttlicher und prophetischer Führerschaft liegt und weil feststehende Normen und Werte in allen Entscheidungsvorgängen vorhanden sind, kommen öffentliche Meinungsverschiedenheiten über vorgelegte Berufungen oder Bestimmungen nur selten vor.  Natürlich gibt es auch Vorschriften für das Beilegen von Meinungsunterschiedlichkeiten. In der Regel, wenn ein oder mehrere Mitglieder mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind, werden diese andersdenkenden Mitglieder gebeten, privat ihre Bedenken dem führenden Beamten zu unterbreiten.  Nachdem er ihre Einwände durchdacht hat, hat er das Recht die ihm angemessene Entscheidungen zu treffen.

BIBLIOGRAPHIE

Cannon, Donald Q., and Lyndon W. Cook, eds. Far West Record: Minutes of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, 1830-1844.  Salt Lake City, 1983.

Quinn, D. Michael. “The Evolution of the Presiding Quorums of the LDS Church.” Journal of Mormon History 1 (1974):21-38.

Widtsoe, John A., Evidences and Reconciliations, pp. 269-75. Salt Lake City, 1960

Zuckerman, Michael. Peaceable Kingdoms. New York, 1970.

ROBERT E. QUINN