Für Heilige der Letzten Tage, wie für alle Christen, bedeutet das Befriedigen der Bedürfnisse der Armen Dienst an Gott (Mt. 25:31-40, Mosia 2:17, LuB 42:38) und ein Ausdruck der größten geistigen Gabe, der Einstellung der Nächstenliebe (1 Kor. 13:13). König Benjamin erklärte im Buch Mormon, dass man als Folge wahrer Umkehr von der Liebe Gottes und dem Wunsch, den Bedürftigen zu dienen, erfüllt wird (Mosia 4:16). Es ist keine Entschuldigung, dass „der Mensch sein Elend selbst über sich gebracht hat“, denn alle sind Bettler, die von Gott abhängig sind, der großzügig austeilt (Mosia 4:17-23). Benjamin forderte, dass der Arme ebenfalls diese Einstellung haben und nicht neidisch sein sollte. Diejenigen, die nichts geben können, sollten in ihrem Herzen sagen: „Ich gebe nicht, weil ich nicht habe, aber hätte ich, so würde ich geben“ (Mosia 4:24-25). An die Armen zu geben ist notwendig, um Vergebung für Sünden zu erhalten und schuldlos vor Gott zu wandeln (Mosia 4:26). Jeder, der Gott anruft, fleht umsonst, wenn er nicht „den Notleidenden“ gibt (Alma 34:28).
1935 richtete die Kirche ein weitreichendes Wohlfahrtsdienstprogramm ein, um den Bedürftigen zu helfen. Ferner werden alle Mitglieder der Kirche ermutigt, woimmer möglich ihre Zeit und Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Anstrengungen, den Armen zu helfen, sollen das Leiden vermindern, indem sofortige Bedürfnisse befriedigt werden ( Lukas 10:29-42, 16:19-39). Auch sollen sie Unabhängigkeit durch Beschäftigung aufbauen und Menschen lehren, willig zu geben (D. McKay, CR [Okt. 1941]:54; Siehe Wohlfahrtsdienste). Man soll sich um Witwen oder Waisen kümmern (Jakobus 1:27, LuB 83:6), besonders auch um diejenigen, die durch Verfolgung Not leiden (LuB 42:30, 39, 52:40,104:14-18). Trägheit auf Seiten jener, die arbeiten können, ist verpönt (Spr. 20:4, 1 Tim. 5:8, 13, LuB 42:42). Die Armen sollen woimmer möglich mit ihren eigenen Anstrengungen beitragen (Dtn. 15:7-11, 24:19, 2 Thess. 3:10). Durch die Anstrengungen aller, die das Evangeliumsgesetz leben, gibt es in einer idealen Gesellschaft, die der Gegenwart des Herrn würdig ist, „keine Armen unter ihnen“ (Mose 7:18, Apg 4:32-35, 4 Ne. 1:2-3, LuB 42:30-33; Siehe Zion).
Jenen, die willig den Armen geben, sind viele Segnungen verheißen, darunter ewiges Leben (Lukas 18:18-23, Mt. 25:31-40), Errettung (Ps. 41:1), Vergebung (Alma 4:13-14), Glückseligkeit (Spr. 14:21), materielle Belohnungen (Spr. 19:17, 28:27, Jakob 2:17-19, Dtn. 24:19) und Antworten auf Gebete (Alma 34:28). Starke Verurteilungen werden gegen jene ausgesprochen, die sich weigern, mit den Armen ihr Gut zu teilen (2 Ne. 9:30, LuB 56:16). Sich um die Armen zu kümmern ist eine bedeutende moralische Herausforderung und Pflicht (Dtn. 15:11, CWHN 9:193).
Laut Moses Gesetz sollten die Armen großzügig behandelt werden (Epsztein, S. 108-134). Die Feldränder wurden ihnen zum Ernten überlassen (Lev. 19:9-10, Dtn. 24:19-21). Jedes siebte Jahr wurde die Ernte zuerst an die Armen und die Fremden gegeben (Ex. 23:10-11, Lev. 25:3-7). Darlehen an die Armen waren zinsfrei (Lev. 25:35-37, Ex. 22:25-27). An andere Hebräer in Sklaverei verkaufte Hebräer wurden nach sechs Jahren Dienst freigesprochen und großzügig bedacht (Ex. 21:2-6, Dtn. 15:12-15). Der Zehnte, den die Leviten nicht gebrauchten, wurden den Armen gegeben (Dtn. 14:28-29, 26:12-13). Dennoch entließ es einen Menschen nicht aus der Verantwortung mehr zu tun, falls jemand in Not stand (Dtn. 15:11).
Das von Joseph Smith 1831 offenbarte Gesetz der Weihung (LuB 42) lud die Mitglieder ein, alles der Kirche zu geben, was sie besaßen; zurückzuerhalten, was sie brauchen (ihr Verwalteramt); zu benutzen, was sie für ihren eigenen Unterhalt erhalten, und ihren Überschuss an die Kirche zu geben. Diese Überschüsse und die Überreste ihres Erbes wurden im Vorratshaus des Bischofs aufbewahrt und zuerst benutzt, um den Armen zu helfen (Cook, 1985). Moderne Schriften sprechen Warnungen an Reiche und Arme gleichermaßen aus: „Weh euch Reichen, die ihr eure Habe nicht den Armen geben wollt; denn euer Reichtum wird euch die Seele zerfressen…. Weh euch Armen, deren Herz nicht reuig, deren Geist nicht zerknirscht ist und deren Bauch unersättlich ist und deren Hände sich nicht davon zurückhalten lassen, die Güter anderer Menschen an sich zu reißen, deren Augen voller Habgier sind und die nicht mit den eigenen Händen arbeiten wollen!“ (LuB 56:16-17).
Am wichtigsten ist jedoch die Großzügigkeit des einzelnen. Die meisten Heiligen der Letzten Tage glauben, sie sollten mindestens zwei Mahlzeiten (24 Stunden) jeden Monat fasten und den Gegenwert dieser zwei Mahlzeiten oder mehr als ein Fastopfer geben. Ferner glauben viele, dass von ihnen mehr erwartet wird: an organisierte gemeinnützige Einrichtungen zu spenden und persönliche Zuwendungen in Form von Geld, Schulung und Ermutigung zu geben (Siehe Wirtschaftshilfe, Humanitärer Dienst). [Siehe auch Wohlstand, Ansichten zum.]
BIBLIOGRAPHIE
Cook, L. W. Joseph Smith and the Law of Consecration. Provo, Utah, 1985.
Epsztein, Leon. Social Justice in the Ancient Near East and the People of the Bible. London, 1986.
Nibley, Hugh W. Approaching Zion. Salt Lake City, 1990.
DAVID J. CHERRINGTON